Revisited: O Haupt voll Blut und Wunden

Vor knapp zwei Jahren habe ich eine kleine Rezension über das wohl bekannteste und beliebteste Passionslied der heutigen Zeit geschrieben: O Haupt voll Blut und Wunden. Was soll ich sagen: Irgendwer von den Machern des neuen „Gotteslobes“ muss diesen Artikel gelesen haben. Im neuen GL Nr. 289:

Die zweite Strophe wird jetzt im Original wiedergegeben:

2.
Du edles Angesichte,
Davor sonst schrickt und scheut
Das große Weltgewichte,
Wie bist du so bespeit!
Wie bist du so erbleichet!
Wer hat dein Augenlicht,
Dem sonst kein Licht nicht gleichet,
So schändlich zugericht’t?

Als 5. Strophe fügt das neue im Vergleich zum alten „Gotteslob“ ein:

6. (Originalstrophe)
Ich will hier bei dir stehen,
Verachte mich doch nicht!
Von dir will ich nicht gehen,
Wenn dir dein Herze bricht;
Wenn dein Haupt wird erblassen
Im letzten Todesstoß,
Alsdann will ich dich fassen
In meinen Arm und Schoß.

Danach geht es wie im alten „Gotteslob“ mit den Strophen 8 bis 10 im Original weiter. Ja, das neue „Gotteslob“ wartet mit einigen interessanten Überraschungen auf, textlich wie auch melodiös. Da werd‘ ich wohl in nächster Zeit einige meiner Artikel visitieren müssen.

 

Missa Chrismatis

Ein Auto braucht ab und zu einen Ölwechsel. Ansonsten wird das Altöl unbrauchbar und das Auto bleibt liegen. Auch in der Kirche spielt Öl eine entscheidende Rolle. Neben Brot, Wein und Wasser ist Öl eine wichtige Substanz in der christlichen Liturgie. Christus, der Messias, bedeutet ja schließlich: der Gesalbte.

Die heiligen Öle müssen einmal im Jahr erneuert werden, denn sie können ranzig werden. Hauptbestandteil ist reines natives Olivenöl. Dem sind noch verschiedene Duftstoffe zugesetzt. Drei Öle für die Sakramente kennt die Katholische Kirche: das Katechumenenöl für erwachsene Taufbewerber, das Chrisamöl für Taufe und Firmung, das Krankenöl für die Krankensalbung. Diese werden in der Chrisammesse (missa chrismatis) geweiht.

Die Chrisammesse ist ursprünglich eine Messe am Gründonnerstag. Weil aber alle Kleriker, die an den Tisch des Ortsordinarius geweiht sind und somit in besonderes Weise am Priestertum Christi teilhaben, an dieser Messe teilnehmen sollen, ist sie outgesourced – wie das neudeutsch heißt – hier im Bistum Erfurt auf den Dienstag der Karwoche. Das Ganze nennt sich dann „Dies Sacerdotales“ – bisschen sehr veraltert, denn auch die Diakone sind mit dabei. Es müsste von daher heißen: „Dies Clericales“

In Erfurt beginnt die Ölweihmesse um 11:45 Uhr am Kardienstag im Erfurter Dom, für alle Gläubigen und Neugierigen zugänglich. Nach der Messe erklingt die Gloriosa, die größte freischwingende mittelalterliche Glocke der Welt, die schon zwei Haarrissreparaturen hinter sich hat und immer noch zu den wichtigsten Ereignissen und Gottesdiensten im (Kirchen)jahr erklingt und zu den Priesterweihen. Und diese Glocke muss man einmal gehört haben: Schlagton e. Eine ganz schöne Wumme mit einer Nachklingzeit von 6 Minuten.

Palmbuschen und Hosianna

Kinder basteln Palmbuschen im Garten. Für die Palmsonntagsprozession will jeder etwas in der Hand haben. Buchsbaum und bunte Bänder und Kreppblumen und weiss-ich-nicht-was binden sie zusammen auf einen Stock. Den Kreuzweg haben sie betrachtet, ähnlich wie gestern Abend die Jugend.

Der Organist hat schon die Noten für „Singt dem König Freudenpsalmen“ in seine Aktentasche gepackt, die ortsunübliche Melodie. Wo kann man denn heute noch ein GL-Lied singen mit „ortsüblicher Melodie“ bei den zusammengewürfelten Gemeinden? Naja, ausgenommen in den katholischen Hochburgen. Aber nicht hier in der Diaspora.

Jetzt noch schnell ein paar warme Worte finden. Nicht zu lang sollen sie sein, denn das Evangelium wird ja draussen verlesen und nach der Passion soll sich ja gleich das Credo anschließen. „Die Palmprozession mit der anschließenden Eucharistiefeier ist die Eröffnung der Liturgie der Kar- und Ostertage, die am Gründonnerstag, am Karfreitag und in der Osternacht ihre Höhepunkte findet. Es geht in diesen Tagen nicht um eine fremde Sache, die uns nichts angeht. „Res mea agitur“. Es geht um meine Sache; es geht nicht nur um das Schicksal Jesu, sondern auch um mein Schicksal“, so schreiben wir es und noch ein bißchen drumherum, dann passt es hoffentlich. Und sind meine Gedanken auch manchmal unrasiert, der Heilige Geist findet schon seinen Landeplatz.

Gesegnete Kartage.

Ökumenischer Jugendkreuzweg 2011

Die hohe Zeit der Jugendkreuzwege ist vorbei. Schaut man sich das Material dieses Jahres an, dann weiß man auch warum. Die Texte in den Textheften schwer lesbar: kleine graue Buchstaben. Die Bilder – naja, über Kunst kann man sich (nicht) streiten. Von den Liedern und den Vorstellungen der Liedermacher (u.a. polyphones Kyrie) ist auch nichts zu erwarten. Bestenfalls kommen sie der oft verbreiteten Singfaulheit der Jugend entgegen und fördern diese sogar noch. Ohne Band und Schola geht da gar nichts.

Dennoch laden vielerorts die Gemeinden am heutigen Freitag vor Palmsonntag zum ökumenischen Kreuzweg der Jugend ein. Wir wollen uns darauf besinnen, was im Leben eines Christen wichtig ist. Dazu gehört die Mitfeier der Gottesdienste der Heiligen Woche und an Ostern. Der Jugendkreuzweg soll eine Möglichkeit sein, sich auf das Leiden und Sterben unseres Herrn einzulassen und zu bedenken, was Jesus auch für mich getan hat. Wenn ich das Kreuz ausblende, kann ich auch nicht Ostern feiern.