Neuer im Team

Ein herzliches Willkommen sieht anders aus: Ein paar Worte vom Geschäftsführer, nicht unbedingt vom Big Boss, und ein Blumenstrauss; das muss reichen. Was ist das für ein Unternehmen, in dem du zur Führungsetage gehörst, aber behandelt wirst, als ob du der letzte Buchhalter bist?
Du darfst hier gar nichts verändern. Wenn dir etwas nicht gefällt, musst du es erst beim Big Boss beantragen und rechtfertigen … hm, kann ich verstehen. Und überhaupt: Da könnte ja jeder kommen, das haben wir noch nie so gemacht, und das hat sich seit Jahrhunderten schon bewährt.
Dann kommt noch das schärfste Argument: Veränderungen brüskieren die Ehrenamtlichen, auch dann, wenn sie mit den Veränderungen in keinster Weise in ihrer Mitarbeit gestört werden. Ein konstruktives Miteinander anzumahnen und dieses an sich selbst zu praktizieren, sind zwei verschiedene Dinge.
Gefühle sind irrelevant. Alles muss allein vom Verstand regiert werden. Diese Versuchung führt nicht nur in die Irre, sondern auch zu einem sehr frostigen Klima. Wie sich der Neue fühlt wird weder beleuchtet noch in irgend einer Weise verstanden. Entgegenkommen nur auf Konfrontationskurs.
Es bleibt nur die Hoffnung, dass irgendwann mal alles anders wird. Aber die Hoffnung stirbt zuletzt.

Traditionalistisch – Fundamentalistisch

Lange hatte ich folgenden Artikel im Köcher. Jetzt aber, wo alle Welt von den Leuten schwätzt, die sich funfamentalistischen Strömungen des Islam anschließen und sich radikalisieren – wobei die Frage bleibt, ob der IS überhaupt muslimisch ist – habe ich mir gedacht, kannst du ja auch mal über die Tradis/ Fundis in der Römisch-Katholischen Kirche palabern. Nach all der Zeit (zuletzt revidiert 18.11.2011) findet man sogar noch alle Links, auf die der Post verweist.

Wer hätte das gedacht: Gott versteht nur Latein. Ich wusste es immer. Alles andere ist „Geschwätz mit dem Nachbarn“. Wenn ich also in Deutsch zu Gott bete, dann versteht er mich gar nicht. Jetzt wird mir so manches klar: Wir brauchen die Messe des extraordinären Ritus, weil wir als muttersprachlich deutsche Katholiken gar nicht von Gott verstanden werden und deshalb in Form des Latein vor sich hermurmelnden Priesters einen Fürsprecher brauchen. Er ist ja als einzig wahrer und verständiger geweihter Christ in der Lage oder besser gesagt von Gott dazu auserwählt, meine Gebete zu transformieren.

Wem hält hier der Priester die Hostie entgegen und warum?

Manche Leute schnipseln sich die Videos so zurecht, wie sie es für ihre Propaganda brauchen. Siehe auch: Katholische Konterrevolution. Wirklich furchtbar ist das. Dabei heißt es doch: Du sollst nicht lügen. Ich frage mich, welches Kirchenbild hier vermittelt werden soll? Und die einzig brauchbare Antwort, die mir auch jeder normale Mensch geben wird, ist: Die Kirche steckt doch noch im Mittelalter. Fragen der Neuzeit werden als irrelevant und böse abgestempelt. DIALOG wird mit DIABOLOS gleichgesetzt. Der Weltsicht der Moderne und Postmoderne wird ein Katechismus entgegengehalten, der eine meterdicke Staubschicht aufweist.

Hier noch zwei Artikel, die ich für besonders durch den Wind halte: Kontinuität oder Bruch sowie Was heißt „die neue Messe anerkennen“. Und dabei muss ich der Ausdruckskraft meiner Meinung Einhalt gebieten. Nur soviel: In welcher Welt lebt der Verfasser? Gestern oder vorvorgestern? Ach nein, er meint die Piusbrüder! Das ist ja schon klar, dass die nicht in dieser Welt leben. Der Kosmos dieser Vereinigung dreht sich nur um das Eucharistieverständnis der Missa Tridentina.

Ich versteh‘ die Fundis nicht. Sie geben sich so kämpferisch für ein Kirchenbild, das in einer Zeit entstanden ist, in der die Welt am Abgrund stand: Nepotismus und Simonie waren in der Kirche an der Tagesordnung. Gegen diese und andere Missstände in der Kirche galt es eine klare Linie zu vertreten. Das hat das Tridentinische Konzil auch geschafft. Auch in der Priesterausbildung. Aber die Zeiten haben sich geändert. Heute stehen ganz andere Probleme auf der Tagesordnung, auf die die Traditionalisten keine verständliche und befriedigende Antwort haben.

[Hier doch eine Nebenbemerkung in der Revision: Die Welt steht auch heute an einem Abgrund. Auch der ist hausgemacht; betrifft aber weder den religiösen Diskurs noch innerkirchliche Missstände, sondern einen eher handfest existenziellen: der viel zu wenig beachtete Klimawandel mit all seinen leider nur all zu wahren Katastrophen- und Horrorszenarien.]

Abgrenzend von ihnen möchte ich mich als konservativ im positiven Sinne betrachten. Traditionell eingestellt – nämlich den Traditionen der Kirche insbesondere des II. Vatikanums mich verpflichtet fühlend. Dabei sehe ich das Konzil als kontinuierlich in der Reihe der Konzilien stehend an. Es gibt keinen Bruch in der Kirche, jedenfalls nicht durch das Konzil. Die Brüche in der Kirche sind anderer Natur. Das II. Vatikanum hat versucht Antworten zu finden auf die Erfordernisse der Zeit. Weil aber fundamentalistische Kräfte eine Weiterentwicklung der Ideen des Konzils verhindern, verlieren katholische Christen hier in Europa immer mehr an Ansehen. Atheistische „Bewegungen“ werden zunehmend radikaler und der Glaube scheint nicht nur in der römisch-katholischen Kirche zu verdunsten.

Nebenbei: Ich kann es nur als Satire auffassen, wenn Fundamentalisten in ihren Blogs darauf verweisen, dass sie zu den Aussagen des II. Vatikanums stehen würden. Irgendwie kann ich aber schlecht darüber lachen. Aber wahrscheinlich ist das so ein Fundi-Insider-Witz, haha. Tatsächlich entfernen sich viele Katholiken von den Lehrmeinungen des II. Vatikanischen Konzils. Statt dessen gehen sie einen Schritt zurück. Aus Angst vor den Unsicherheiten der Moderne und Postmoderne skandieren sie die Ausführungsbestimmungen des Tridentinischen Konzils, die in der Folge in entscheidender Weise zu Kirchenspaltungen beigetragen haben. Mangelnde Dialogbereitschaft war schon damals der Knackpunkt gewesen. Wäre es zu einem echten Disput zwischen Papst, Luther und Theologen gekommen, so sähe die katholische Welt heute anders aus. Warum soll die Kirche sich nicht weiterentwickeln? Weil das Tridentinum das Non-Plus-Ultra ist?

Viele Fundamentalisten meinen, sie hätten die Wahrheit für sich gepachtet. Da sind die Leute, die Handzettel verteilen gegen die Handkommunion. Wer jemals einen solchen Wisch gelesen hat, kann verstehen, weshalb die Fundamentalisten sich so oft folgender Wörter bedienen: Hölle, Teufel, Linke Theologen (was immer das sein mag – lach mir einen Ast, die Leute, die so etwas schreiben, wissen gar nichts vom real-existiert-habenden Sozialismus in der DDR, pah, und schimpfen auf alle, die „modernistische“ Äußerungen von sich geben – was immer das jetzt schon wieder sein mag) und häretisch und schismatisch. Seien wir mal ehrlich, wer verwendet diese Wörter heute noch im alltäglichen Sprachgebrauch. Die stereotype Antwort darauf kenn‘ ich schon: Deshalb sind sie nicht weniger wahr. „Quid est veritas?“ – Gott ist Wahrheit! Und ob Gott die Rubriken der Extraordinären Messe so gut kennt, wie manche Priester/ Laien oder ob er das Kirchenrecht so genau studiert hat, wage ich zu bezweifeln.

Naja, so viel dazu …

Erntedank

erntedankWem fällt es heute noch auf? Das Erntedankfest hat sich hinter Kirchen- und Gemeindetüren zurückgezogen. Die Allgemeinheit – selbst auf dem Land – nimmt von der Ernte geschweige denn vom Dank  kaum Notiz. Anders als Ostern oder gar Weihnachten. Das sind Feiertage, die zwar sinnentleert aber immer noch in der Familie und der Öffentlichkeit in irgendeiner Weise gefeiert werden. Dabei ist der Anlass zu diesem Fest sehr handgreiflich. Nur wird die Tragweite des Themas ‚Ernte‘ in unseren Breiten kaum noch wahrgenommen.

Deshalb ist es umso wichtiger, in den Familien die Kinder immer wieder mit der Bedeutung und Vielfalt des Erntedankfestes vertraut machen. In der Bibel heißt es schon:

„Du sollst auch das Fest der Ernte, des ersten Ertrags deiner Aussaat auf dem Feld, halten, ebenso das Fest der Lese am Ende des Jahres, wenn du den Ertrag deines Feldes eingebracht hast.“ (Ex 23,16)

 

Erntedank-Gebet

Wir danken, Herr, für deine Gaben,
erwachsend aus der Erde Schoß,
denn alles  Leben, was wir haben,
wird nur aus deiner Güte groß.

Du lässt die Sonn ‚ am Himmel scheinen,
den Mond, die Sterne in der Nacht,
schenkst Regen uns, lässt Pflanzen  keimen
und  blühen, was uns glücklich macht.

Du gabst die Schöpfung uns zur Pflege,
nun bitten wir, gib uns die Kraft,
sie auch in deinem Sinn zu hegen,
nur das zu tun, was Frieden schafft!

(Ingrid Herta Drewing)

And the winner is …

Ulrich_NeymeyrDer neue Bischof des Bistums Erfurt heisst Ulrich Neymeyr.

Nachdem die Gerüchteküche den Namen schon gestern dem MDR und der TLZ geflüstert hat, ist es nun öffentlich. Schade nur, dass der Terminplan des „Neuen“ die Teilnahme an der am Sonntag stattfindenden traditionellen Herbstwallfahrt nach Erfurt nicht zulässt. Das ist kein guter Start. Es wäre sicher schön, wenn Bischof Neymeyr sich seinen Schäfchen zeigen würde, die so lange für einen guten neuen Bischof beten mussten.

Hier noch einige Eckdaten, die das Presseamt des Bistums Erfurt zum neuen Bischof herausgibt:

„Weihbischof Neymeyr kam am 12. August 1957 in Worms zur Welt. Nach dem Abitur studierte er als Priesterkandidat des Bistums Mainz in Mainz und Münster Philosophie und Katholische Theologie und wurde am 12. Juni 1982 zum Priester geweiht. Nach zwei Kaplansjahren in Mainz wurde Neymeyr für ein Promotionsstudium freigestellt. 1987 erwarb er mit seiner Studie über „Die christlichen Lehrer im zweiten Jahrhundert: ihre Lehrtätigkeit, ihr Selbstverständnis und ihre Geschichte“ den Titel eines Doktors der Theologie. Noch im gleichen Jahr berief ihn Bischof Karl Lehmann als Subregens an das Mainzer Priesterseminar, wo er das Theologiestudium der Priesterkandidaten begleitete und in der Hausleitung mitarbeitete. 1993 kehrte Dr. Neymeyr in die Pfarrseelsorge zurück und leitete als Pfarrer eine Kirchengemeinde in der Opel-Stadt Rüsselsheim. Hier wirkte er auch in der Arbeiterpastoral und engagierte sich im christlich-islamischen Dialog. Im Jahr 2000 wechselte er als Pfarrer dreier Gemeinden nach Worms.

Am 20. Februar 2003 ernannte Papst Johannes Paul II. Pfarrer Dr. Ulrich Neymeyr zum Weihbischof in Mainz. Am 21. April 2003 empfing er im Mainzer Dom die Bischofsweihe. Der bischöfliche Wahlspruch stammt aus dem Römerbrief der Bibel: „Christus suscepit nos – Christus hat uns angenommen“ (Röm 15,7). Zu seinen Aufgaben als Weihbischof gehörten ausführliche Besuche in den Dekanaten des Bistums, um mit Haupt- und Ehrenamtlichen zu sprechen und mit ihnen die Möglichkeiten kirchlichen Lebens und Handelns vor Ort auszuloten. Seit Mai 2003 leitet Weihbischof Neymeyr außerdem als Bischofsvikar für die Jugend das Dezernat Jugendseelsorge im Bistum Mainz. Innerhalb der Deutschen Bischofskonferenz ist er stellvertretender Vorsitzender der Jugendkommission und Mitglied der Publizistischen Kommission. Darüber hinaus ist er Vizepräsident der Gesellschaft für mittelrheinische Kirchengeschichte und Vorsitzender des Kuratoriums der Wilhelm Emmanuel von Ketteler-Stiftung.

Den meisten Thüringer Katholiken dürfte Weihbischof Neymeyr, der in seinem Heimatbistum als „Mann der Pastoral“ gilt, eher unbekannt sein. „Er hat Menschen gern“, sagt einer, der ihn näher kennt. Dazu passt, dass ihm in Gesellschaft und Kirche das harmonische Miteinander wichtig ist, dies aber nicht zu Lasten von Verschiedenheit und Pluralismus gehen soll. „In der Kirche trauen wir dem Heiligen Geist auch zu, dass er nicht nur Vielfalt und Verschiedenheit bewirkt, sondern auch die Harmonie dieser Unterschiede“, sagte der Weihbischof bei der Eröffnungssitzung des Hessischen Landtages im Januar dieses Jahres.

Thüringen und das Bistum Erfurt sind dem neuen Bischof nicht unvertraut. Seine Großeltern mütterlicherseits stammen aus Pößneck und Sonneberg, zogen aber später nach Mannheim. Der Besuch von Verwandten in Stadtilm führte den Gymnasiasten Neymeyr 1973 auch erstmals nach Erfurt. Hier sollte er später als Subregens und Weihbischof dienstlich noch einige Male zu Gast sein. Beim Deutschlandbesuch des Papstes 2011 zählte Neymeyr zu den Bischöfen, die Benedikt XVI. nach Erfurt und Etzelsbach begleiteten. Um die Situation der Thüringer Katholiken als kleiner Minderheit in einer weitgehend konfessionslosen Bevölkerung weiß der künftige Erfurter Bischof, aber es sind gänzlich andere Verhältnisse als in seinem Heimatbistum. Deswegen will er in seinem neuen Amt „erst einmal hören, sehen und lernen“.

Auch der Kreuzknappe weiß schon bescheid: Der „Neue“ für das Bistum Erfurt. Schön wird in dem Artikel auch auf unsere beondere Diaspora-Situation eingegangen. Da muss man nur noch ergänzen, dass ca. 70 Prozent der Bevölkerung Thüringens die Aufregung und Freude über einen neuen Bischof nicht in dieser Weise teilen, weil sie weder getauft sind noch einer anderen Religion angehören.

Beten wir für unseren neuen Bischof, dass er sich gut einbringt mit vielen neuen Ideen und frischem Wind, und dass Gott ihm die Kraft schenken möge, unserem Bistum außer der Strukturreform auch neuen Schwung und viele gute pastorale Impulse zu verleihen.

Einmal werden wir noch wach …

Konklave - weisser RauchDie fast zweijährige Vakanz des Erfurter Bischofstuhles ist zu Ende. Wie heute bekannt wurde, hat Erfurt einen Neuen. Reporter vom MDR verkünden sogar, dass es ein Nicht-Thüringer ist – o Wunder 😉

Aber diese Geheimniskrämerei: Wie die Presseagentur des Bistums mitteilt, wird das Domkapitel morgen nach dem Mittagsgebet den Namen preisgeben und somit die Sache offiziell machen. Wenn man das mal mit der Papstwahl in Rom vergleichen würde, so hieße das: Das Konklave hat sich auf einen neuen Papst geeinigt, aber wir warten noch 24 Stunden, bis der Neue sich dem Volk zeigt. Habemus …  ??? Irrsinn …

Du kommst hier nit rein

Wo gehste … in Kino … Ne, nix mit „Quo vadis“, „Noah“ hab‘ ich mir gestern mit einem guten Freund angetan. Und das ist noch das Positivste daran, ich meine den guten Freund, der auch ein wenig konsterniert den Kinosaal nach über 2 Stunden verlassen hat. Wikipedia schreibt: „Der Film basiert auf der biblischen Geschichte von Noah, seiner Arche …“ Das „Basieren“ ist hier mehr als ein „Sich anlehnen“ zu verstehen. Nach dem Schema: Kaffekochen für Schwachmatiker: Man nehme eine Bohne und lasse den Schatten bei Sonnenschein in kochendes Wasser fallen. Aber Vorsicht nicht im prallen Sonnenschein sondern doch lieber im Halbschatten.

Der Regisseur und Drehbuchschmierfink Darren Aronofsky (schuf auch den pseudo-wissenschaftlichen Sci-fi-Thriller „π“) tischt den Fantasy-verwöhnten und wenig bibelfesten Zuschauern einen gewaltschwangeren, allzu wunderträchtigen und vegie-esoterischen Mix auf, der aus Bibel, Apokryphen (z.B. das Jubiläenbuch, das Henochbuch, die Apokalypse des Adam u.a.), mystischer jüdischer Literatur, z.B. der Tanach des Schlomo ben Jizchak, einem bedeutenden Rabbiner des 11. und frühen 12. Jahrhunderts, und Sintfluterzählungen anderer Religionen seine Quellen speist.

Das Gesamtbild ist aber so verzeichnet, dass die Kritik von Rüdiger Suchsland noch sehr milde ausfällt: Es sei ein christlich-fundamentalistisches Fantasy-Stück, das an ein Werbefilmchen für Intelligent Design erinnere, ein „esoterischer Erweckungsschmarrn“. Die ganze Kritik findet sich im Artikel: „Wer sündigt, hat den Tod verdient!“ Letztendlich hat’s dann doch jemand von den Sündern und Fleischfressern (das ist ein unmittelbarer Zusammenhang in dem Film), den Nachfahren Kains, in die Arche geschafft und den Ham verführt – kein fundamentum in der Bibel und auch nicht anderswo …

Evangelikale Kreise beklagen nicht zu Unrecht den mangelnden biblischen Bezug. Islamische Zensoren verbieten die Ausstrahlung in manchen islamisch geprägten Ländern, weil der Film nicht dem Koran entspricht. Fazit: Die Einzigen, die es wohl freuen wird, sind die Vegetarier. Das sind nämlich die Guten: „Wir sammeln nur, was wir brauchen“ und die Pseudo-Endzeitmystiker und Zivilisations- und Kulturpessimisten (also die wahren „Grünen“ und Greenpeace-Aktivisten): „Vor uns liegen Städte. Davon halten wir uns fern“. Das ist auch mein Ratschlag: Macht lieber einen schönen Osterspaziergang und spart euch das Geld für einen anderen Kinofilm.

Ein Bischof und sein Luxuswahn

Nun ist es amtlich: Der Papst hat den Rücktritt des umstrittenen Bischofs Tebartz van Elst angenommen. Lange hat es gedauert, aber letztendlich wollte der Papst nicht nach den Medienberichten oder dem Hörensagen handeln, sondern erst nach Veröffentlichung des offiziellen Prüfberichtes der Bischofskonferenz Deutschlands. Und der fällt ziemlich vernichtend aus. Man kann ihn im Internet sich anschauen oder downloaden. Der Artikel: Zum Rücktritt von Bischof Tebartz van Elst sammelt alle offiziellen und inoffiziellen Veröffentlichungen. Aber eines möchte ich noch betonen: Meine vielgeliebte Kritik an den Machtspielchen der Medien muss ich auch in dieser Affäre anbringen. Diesmal ist der „Focus“ wohl einer Ente aufgesessen: „Vorwürfe gegen Tebartz van Elst  ausgeräumt.“

Geben und nehmen

Auf der Suche nach Veröffentlichungen über unseren St. Martinsumzug stieß ich auf verschiedene Artikel im Internet. Auch meine Tageszeitung hat neulich eine Forderung der NRW-Linken veröffentlicht, die ja nicht einmal die Linken hier im Osten stellen: Schafft die Martinsumzügen ab, und zwar aus Rücksicht auf die Muslime! Nennt es doch eher: „Sonne-Mond-und-Sterne-Fest“.

Die Reaktion des Türkischen Bundes: Sankt Martin ist eine schöne Tradition, mit der Muslime keine Probleme haben. Schließlich geht es um Werte, die auch jedem Muslimen heilig sind. Und auch Weihnachtsmärkte seien etwas Schönes und Ausdruck einer Tradition. Schließlich feiern auch nichtreligiöse Deutsche Weihnachten. Nebenbei: Selbst der Kommunismus konnte das Weihnachtsfest nicht abschaffen.

Und ganz nebenbei ist das auch nicht möglich, weil Weihnachten schon so kommerzialisiert und entchristlicht ist, dass die Gewerkschaften und ganze Erwerbszweige gegen einen solch großen Profitverlust aufbegehren würden, nicht in erster Linie die Kirchen, ausgenommen die Waffenlobby, die mit dem Fest des Friedens schon immer nichts anfangen konnte.

Aber ich schweife ab. Die Botschaft des Hl. Martin fand ich in einem Commercial aus Thailand, das die schlichte Botschaft: „Give“ transportieren soll. Besser müsste es jedoch heißen: Gib, dann wird auch dir gegeben. Der Spot ist schon über 14 Mio. mal angeklickt worden und erzählt eine wirklich rührende Geschichte. Wunder geschehn, wenn auch nur allzu selten. Die Botschaft christlich übersetzt: Gutes Karma braucht jeder, wenn auch nicht für das Eingehen in ein Nirvana, wohl aber für die Ewigkeit. „Seid barmherzig, wie auch euer Vater im Himmel barmherzig ist.“ (vgl. Lk 6,36)

Das Herz geht mir über …

… wenn ich daran denke: wie ich zum Haus Gottes zog in festlicher Schar, mit Jubel und Dank in feiernder Menge (Ps 42,5). Nein, ich meine nicht jene, die sich als große Schar darstellen und die Frommen sein wollen. Es sind die Vielen, die nach der Firmung einen anderen Weg gehen, die – wenn sie in der Kirche bleiben – eher nur noch zu den Hochfesten in die Kirche kommen und dann stumm bleiben, weil sie gar keine Lieder mehr kennen. Aber wer weiß schon, was in deren Herzen passiert, wer ist dieser Pharisäer, der sich erdreistet auf die Leute hinten in der Kirche zu schauen. Ich habe soeben einen der Artikel gelesen, von einem jener welchen geschrieben, zu dem Jesus sagen würde: Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass ein Frommer (resp. Reicher) in den Himmel kommt.

Frischer Wind, der den Artikel: „Bitte eines Jugendlichen an alle in der christlichen Jugendarbeit Engagierten…“ veröffentlicht hat, enthält sich jeglichen Kommentars, und der von Gertie ist auch nur ein kurzsichtiges Jammern und Verdammen all jener, die versuchen wirklich frischen Wind in die Kirche zu bekommen. Einen zaghaften Kommentar wagt die freche, fromme Frau auch mit der wichtigen Würdigung der Arbeit von Jugendverbänden (über den BdKJ kann man sich streiten). Nun ja, über die westdeutsche katholische Kirche und den Hang zum Buddhismus sollte man ein andermal nachdenken. Ich für meinen Teil kann mich an meine Jugendzeit erinnern, die geprägt war von Jugendgottesdienst, Jugendband und -chor, Jugendhaus, eigene Jugendlieder aus den Dreifaltigkeitsheften und Taizé, mit Ökumensichen Jugendkreuzweg etc. Die ewige Diskussion: Neues Geistliches Liedgut oder Gotteslob war bei uns ein Sowohl – Als-auch. Auf Deutsch – na klar, was sonst. Latein war in den Taizé-Gesängen etabliert und in den Chorgesängen zu den Hochfesten.

Doch jetzt mal Butter bei die Fische: Der Jugendliche von Jagwitz meint:

1. „Singt mit uns bitte keine Lieder mit inhaltsleeren Texten … „

Ja wie denn? Welche Lieder sollen wir singen? Herz Jesu, Gottes Opferbrand? Der Text ist so verdreht, dass man in den ersten beiden Strophen als normaler Mensch nur Bahnhof versteht: „O Herz, in Nacht zu uns gesandt, als Schuld den Tod uns brachte …“ Hä, wie jetzt … welchen Tod und warum? Am schlimmsten sind im Gotteslob die Lieder, die unmittelbar nach dem 2. Weltkrieg hinzugekommen sind: u.a. auch GL 568. Reinste Schwarz-Weiß-Malerei. Düster bis schwarz das Erdenleben – Glorreich das Leben im Jenseits, das eine negieren, die Herrschaft Gottes im Himmel lobpreisen – die ewige Taktik der Traditionalisten. Möglichst mit Choralamt.

„Unser Herz wird geöffnet, wenn wir gemeinsam Gott mit Liedern preisen, die unsere Sehnsucht nach Wahrheit, nach wahrer Liebe und Freude, nach innerem Frieden und Heilung zum Ausdruck bringen.“ q.e.d.

2. „Erzählt uns doch nicht, dass unser Leben völlig in Ordnung sei, denn das kann die Welt besser! Betet mit uns stattdessen das Schuldbekenntnis, denn wir sehnen uns nach Vergebung.“

Genau auf derselben Schiene fährt der Verfasser weiter. Vergebung ist notwendig, aber nicht das Alleinige und Vordergründige im Glauben. „Wenn ich in den Sprachen der Menschen und Engel redete, hätte aber die Liebe nicht, wäre ich dröhnendes Erz oder eine lärmende Pauke“ (1 Kor 13,1). Das Sakrament der Versöhnung möchte ich allen Jugendlichen und Erwachsenen ans Herz legen. Das Schuldbekenntnis reicht dafür aber nicht aus. Sog. Bußgottesdienste (ohne Beichte) sind auch kein hinreichendes Kriterium, um von schwerer Sündenschuld befreit zu werden.

In diesem Abschnitt gewinne ich aber auch den Eindruck, dass ich für kollektive Schuld unserer heutigen Zeit büßen müsste. Das ist nicht christlich, obgleich es unseren jüdischen Wurzeln entspricht: … unserer Väter-Väter-Väter …

3. „Ersetzt nicht das Wort Gottes durch Theaterstücke oder irgendwelche Weisheitsgeschichten …“

Tja, was soll ich sagen. Das geht mir auch immer auf die Nerven. Nach dem II. Vatikanum kam das bei vielen Priestern in Mode. Hoffsümmer hat nicht umsonst so viele Bücher geschrieben. Aber die Postmoderne ist da viel nüchterner. Wenn ich mir Jesus so anschaue, dann hat er viel Weisheit in einfache Lebensgeschichten gepackt und den Leuten veranschaulicht in Gleichnissen: vom barmherzigen Samariter, vom Sämann, vom verlorenen Schaf, von der wiedergefundenen Drachme, vom Licht auf dem Leuchter usw. usf.

Dann blende ich mal ins Mittelalter. Die Leute wollten Brot und Spiele, wie man es in anderer Form im Römischen Reich kannte. Und die Spiele wurden wichtiger als die Messe, die die Leute eh nicht mehr verstanden, denn Latein war schon lange nicht mehr ihre Muttersprache (Hokuspokus): Osterspiele, Weihnachtsspiele, St. Martin, Nikolaus, Passionsspiele und vielerlei Heiligenlegenden, die im Volk durch Theaterstücke oder Geschichtenerzählen verbreitet wurden. Ist ja auch logisch, denn die meisten Leute waren Bauern, Sklaven und Leibeigene und konnten nicht lesen und schreiben. Und auch das aufstrebende Bürgertum liebte diese Spiele. Heute ist St. Martin nur noch für Kinder. Damals war es eines der wichtigen Daten im Leben der Menschen: Ende des Wirtschaftsjahres, Beginn der „staden Tied“. Einzig und allein die Passionspiele sind uns heute noch erhalten als etwas für Erwachsene und mancherorts vielleicht noch die Krippenspiele (aber bäh … das ist ja nur Kinderkram … wir gehen in die Christmette). Dabei habe ich die Beobachtung gemacht, dass in der Krippenandacht auch Erwachsene ohne Kinderanhang, auch im Seniorenalter, mit dabei sind.

4. „Lasst die Eucharistiefeier nicht zu einem gemeinsamen Tischmahl verkommen, denn das ist in jedem Restaurant besser.“

Der Verfasser hat recht. Keiner denkt mehr daran, ob er würdig ist, den Herrn zu empfangen. Alle rammeln sie zur Kommunion, weil es alle machen – Herdentrieb. Wenn der Nachbar sieht, dass ich nicht zur Kommunion gehe, könnte er ja denken, ich hätte etwas ausgefressen. Und dann kommt einer und sagt, ich solle seine Frau trösten, die nicht katholisch ist, und keinerlei Empfangsbereitschaft gezeigt hat, so dass ich ihr die Kommunion verweigerte … Verrückt. Es besteht zwar ein Anspruch auf den Empfang des Herrn, aber nur bei denjenigen,  die nach unserem Verständnis dazu bereit sind, also zumindest in der katholischen Kirche sind. Und diese Empfangsbereitschaft muss erkennbar sein: Mund- oder Handkommunion. Ob jemand würdig ist, muss jeder für sich selbst prüfen. Die orthodoxen Christen sind da wesentlich strenger, was allerdings dazu führt, dass viele Orthoxe nur selten in ihrem Leben die Kommunion empfangen. Das ist auch fragwürdig und gab es auch schon in der römisch-katholischen Kirche …

Das Bild mit dem Restaurant ist jedoch schlecht: Plätze im Restaurant sind begrenzt, Reservierung(spflicht), Exklusivität …

5. „Tut nicht so, als wäre der Weg des Glaubens wie ein heiterer Spaziergang, sondern helft uns, die Anfeindungen der Welt und des Teufels mit dem Kreuz Christi zu vereinen!“

Huh, da ist sie wieder die „Gnostische Versuchung“. Schwarz-weiß. Die böse Welt (a la Johannes) und das Siegeskreuz Christe, dass die (johannäische [gnostische]) Welt besiegt. Diese Vorstellung der Welt als Reich der Finsternis ist nicht christlich, auch wenn sie der Evangelist Johannes und der Apokalyptiker Johannes so verbreiten. Das Christentum hat die Vorstellungen der Gnosis zwar verworfen, aber viele Bilder (u.a. den Teufel als Fürst der Finsternis) übernommen und bis in die heutige Zeit transportiert und in vielerlei Weise transformiert oder unverändert belassen.

Wenn die Christen wirklich daran glauben würden, dass a) Gott diese Welt gut geschaffen hat und b) Jesus die Sünde der Welt hinweggenommen hat durch sein Heilsopfer am Kreuz und damit c) durch die Auferstehung Christi und die Sendung der Apostel mit Missionsauftrag das Reich Gottes wirklich in dieser Welt angebrochen ist, dann wird auch Christus wiederkommen, erst dann.

6. „Lockt uns nicht, indem ihr uns immer lobt und uns das Gefühl gebt, etwas Besonderes zu sein …“

Blanker Hohn, Pharisäertum. Ich habe die Schüler im Auge, die hier im Osten Deutschlands als vereinzelte Christen, ja als einziger Christ in der Klasse, als einzige christliche Familie in der gesamten Nachbarschaft ihren Glauben versuchen zu leben. Manche ziehen weg, weil der Atheismus hier so resistent und aggressiv ist. Da braucht man nicht unbedingt in die arabischen Länder zu schauen. Dort ist allerdings die Verfolgung der Christen am existenzbedrohendsten, ja sogar lebensbedrohlich, wie es nicht einmal zur Zeit der Christenverfolgung im alten Rom war. Und hört auf über Stolz und Demut nachzudenken. Diese Artefakte der pädagogischen Zeit, als in den Kirche die Bänke installiert wurden, um das Volk zu erziehen.

… Und das Resümee unseres jugendlichen Christen: „Eine ehrliche Kirche dagegen werden wir zwar für ihren Wahrheitsanspruch anklagen, für stur und zurückgeblieben halten, uns sträuben, die Wahrheit von ihr anzunehmen, mit ihr ringen, wie Jakob mit Gott. Aber am Ende werden wir nur durch die Kirche sagen können: ‚Ich habe Gott von Angesicht zu Angesicht gesehen‘ (Gen 32,31).“

Da hört man geradezu die geschwellte Brust, das wehende Haar, den Kopf in den Nacken geworfen und die Nase so hoch, dass es reinregnet, voll Wahrheit und Klarheit. Welche „Ehrlichkeit“ meint er aber wirklich? Jene, die Jean d’Arc auf den Scheiterhaufen der Inquisition gebracht und dann heiliggesprochen hat oder jene, die mit dieser Sturheit und dem zurückgebliebenen Weltbild Schluss macht, wie Franziskus, nackt umhergehend mit der Vision einer verfallenden Kirche, die Christus nicht mehr im Blick hat. Es geht nicht vordergründig um die Kirche! Es geht um Jesus Christus allein, in der Einheit mit dem Vater im Heiligen Geist. Und Jesus sagt auf die Frage der Pharisäer: „Wie kann euer Meister zusammen mit Zöllnern und Sündern essen?“ – „Nicht die Gesunden brauchen den Arzt, sondern die Kranken.“ (Mt 9,11.12)

Die gnostische Versuchung, diese Welt schwarz-weiß zu malen, steckt in uns allen. Sie ist das eigentliche Übel unserer Zeit, zusammen mit einem Synkretismus vor allem hinsichtlich buddhistischen Gedankenguts. Wird ein ostdeutscher Priester von einem österreichischen Kollegen gefragt: „Du glaubst doch nicht etwa an die Auferstehung? Ich glaube schon seit langem an die Wiedergeburt.“ Priester in Indien braucht man erst gar nicht zu fragen, das häuft nur schlechtes Karma auf. Also, wenn ich in diese Welt immer und immer wieder geboren werde sollte, na dann Gute Nacht …

Die Sache Jesu braucht Begeisterte. Sein Geist sucht sie auch unter uns. Er macht uns frei, damit wir einander befrei’n.

Katholische Blogs und mehr …

Die sogenannte Blogozese (oder auch Blogoezese) ist ein bunt zusammengewürfelter Haufen, größtententeils traditionalistisch angehauchter Blogs aus dem Umfeld und dem engeren Kreis der katholischen Kirche. Es stellt weder das Zentrum noch den Meanstraem der Kirche dar. Da irrt sich nämlich der Verfasser des kathpedia-Artikels, wenn er schreibt: “ Katholische Weblogs gehören zu den wichtigsten Angeboten der Kirche und ihrer Mitglieder im Rahmen des benutzergenerierten Internets („Web 2.0“)“.

Die Blogozese ist nach eigenen Angaben ein loses Netzwerk katholischer Weblogs, das im Wesentlichen zur Koordination von Online-Projekten sowie zur Kooperation der Weblogs untereinander genutzt wird. Die Beziehungen der Mitglieder erfolgt im Rahmen der Arbeit an den jeweiligen Beiträgen hauptsächlich durch Zitation und Verweis („Links“). Das widerspricht schon ganz selbstverständlich der Angebotstheorie, die Josef Bordat uns da unterbreiten will.

Aber er hat nicht ganz Unrecht, wenn er schreibt:

„Die Weblogs der Blogozese begleiten kritisch und kreativ die Entwicklung der katholischen Kirche sowie deren mediale und gesellschaftliche Rezeption. Vor allem in innerkirchlichen Debatten zur Ekklesiologie und Liturgik beziehen die Weblogs engagiert Stellung. Auch im Zusammenhang mit der zunehmend als „Missbrauch des Missbrauchs“ wahrgenommenen Medien-Kampagne gegen die Katholische Kirche im Frühjahr 2010 hat sich die Blogozese zu Wort gemeldet.

Als Produkte Einzelner sind die Weblogs der Blogozese oft subjektiv, gehen aber i. d. R. weit über das klassische Anliegen eines Weblogs, „öffentliches Tagebuch“ zu sein, hinaus und befördern die einschlägigen Debatten.“

Mein persönliches Interesse gilt jedoch immer dem Kontrapunkt. Auch wenn ich eher ambivalent angelegt bin, schätze ich einige fundamentalistische Akzente der Blogozese eben nicht: die Selbstbeweihräucherung durch Awards, die Ablehnung eines Dialogs in der Kirche und damit verbunden: anti-ökumenische Tendenzen, die Beförderung eines hemmenden traditionalistischen Gedankengutes und die damit einhergehende Negierung anderer Meinungen. Für mich entscheidend ist die Förderung einer Blogozese (Konglomerat katholischer Blogs), welche die Vielfalt katholischen Glaubens zum Ausdruck bringt. Und da gehe ich auch mit Alipius überein, wenn er schreibt:

„Es geht mir auch nicht darum, die Vielfalt in der Blogoezese zu verringern oder alle Blogger unter einen Hut zu bringen. Wiederum ist das Gegenteil richtig: Je vielfältiger, desto besser und desto größer die Chance, daß irgendwer irgendein Thema aus einem Winkel sieht, der anderen bisher verborgen war.“

(Präzisierung…)

Weiterhin denke ich, dass es nicht die Aufgabe der Blogozese ist, Mission im klassischen Sinne zu betreiben (Alipius: „… Leute erreichen …, die nicht zu unserem klassischen Kundenkreis gehören“). Das wirkt schon durch die Sichtung der Blogroll der Klosterneuburger Marginalien ein wenig eigenartig. Ferner sollte man sich auch dem Gedanken der Zählsorge statt Seelsorge entledigen. Ich kann nur sehr begrenzt eruieren, wer meinen Blog liest, und bin froh über jeden konstruktiven Kommentar. Auch kann ich leider nicht immer feststellen, was Veröffentlichungen auslösen, auch wenn ich zunehmend vorsichtiger bin.

Warum ich blogge? Siehe: Über mich. Dazu ist vielleicht nur hinzuzufügen: Der christliche Glaube katholischer Ausrichtung ist mein Leben. Den katholischen Glauben weiterzugeben ist meine Berufung und Amt. Und dies in der Form: Den Menschen Mut machen auch in einer glaubensfeindlichen Umgebung ihren Glauben im Alltag zu leben durch alle Widrigkeiten des Lebens oder trotz dieser. Die reale Gemeinde versammeln und miteinander das Wort Gottes hören, am Brotbrechen festhalten und das Leben feiern, das wir in Jesus Christus haben, um so als Erlöste in das verheißene Reich Gottes zu gelangen. Dazu alle Mittel nutzen, die ich pesönlich für brauchbar halte, eben auch die Bloggerei. Die ökumenischen Kontakte nicht vergessen, sich nicht mit der Spaltung des Christentums abfinden und keine Berührungsängste haben, sich regelmäßig zu begegnen und miteinander zu leben.

Alle oder viele

Während der römisch-katholische Ritus und auch der lutherische Ritus der Abendmahlsfeier in den Wandlungs- oder Konsekrationsworten die Realpräsenz Jesus hergestellt sehen, also die Worte konsekrativen Charakter tragen, ist das durchaus nicht im Verständnis aller christlichen Konfessionen so verankert. Selbst innerhalb der römisch-katholischen Kirche gibt es einen Ritus, der von Rom approbiert, gar keine Einsetzungsworte kennt (Anaphora der Apostel Addai und Mari, die in der Assyrischen Kirche des Ostens verwendet wird). Die orthodoxen Kirchen sehen die Wandlung durch die Epiklese vollzogen, einige orthodoxe Richtungen erkennen die Wandlung im gesamten Hochgebet und legen die Bedeutung auf das Amen.

Die Diskussion um die rechte Übersetzung der Worte „pro multis“ ist der Anfang eines neuen „Rubrizismus“, wenn man so will. ES GIBT KEINEN EINHEITSRITUS IN DER KIRCHE JESU CHRISTI. Wann lernen die Fundis und Traditionalisten diese Lektion. NIE – bin ich geneigt zu behaupten. Es gab schon in der frühen Kirche verschiedene Riten, die gleichberechtigt nebeneinander existierten: „Einheit in Vielfalt“ war das Motto. Aber seit der Vergötterung der Missa Tridentina von der lateinischen Kirche herrscht ein Rubrizismus, der seines Gleichen sucht.

Jetzt aber mal zur Bibel. Die Einsetzungsworte, die in der lateinischen Kirche benutzt werden, gehen auf die Synopse der Evangelisten Markus, Matthäus und Lukas sowie Paulus im 1. Brief an die Korinther zurück. Und da lesen wir folgendes:

Matthäus 26 Markus 14 Lukas 22 Paulus 1Kor 11
26 Während des Mahls nahm Jesus das Brot und sprach den Lobpreis; dann brach er das Brot, reichte es den Jüngern und sagte: 22 Während des Mahls nahm er das Brot und sprach den Lobpreis; dann brach er das Brot, reichte es ihnen und sagte: Und er sagte zu ihnen: Ich habe mich sehr danach gesehnt, vor meinem Leiden dieses Paschamahl mit euch zu essen. 16 Denn ich sage euch: Jesus, der Herr, nahm in der Nacht, in der er ausgeliefert wurde, Brot, 24 sprach das Dankgebet, brach das Brot und sagte:
Ich werde es nicht mehr essen, bis das Mahl seine Erfüllung findet im Reich Gottes. 17 Und er nahm den Kelch, sprach das Dankgebet und sagte: 18 Denn ich sage euch: Von nun an werde ich nicht mehr von der Frucht des Weinstocks trinken, bis das Reich Gottes kommt.
19 Und er nahm Brot, sprach das Dankgebet, brach das Brot und reichte es ihnen mit den Worten:
Nehmt und esst; das ist mein Leib. Nehmt, das ist mein Leib. Das ist mein Leib, der für euch hingegeben wird. Tut dies zu meinem Gedächtnis! Das ist mein Leib für euch. Tut dies zu meinem Gedächtnis!
27 Dann nahm er den Kelch, sprach das Dankgebet und reichte ihn den Jüngern mit den Worten: 23 Dann nahm er den Kelch, sprach das Dankgebet, reichte ihn den Jüngern und sie tranken alle daraus. 24 Und er sagte zu ihnen: 20 Ebenso nahm er nach dem Mahl den Kelch und sagte: 25 Ebenso nahm er nach dem Mahl den Kelch und sprach:
Trinkt alle daraus; 28 das ist mein Blut, das Blut des Bundes, das für viele vergossen wird zur Vergebung der Sünden. Das ist mein Blut, das Blut des Bundes, das für viele vergossen wird. Dieser Kelch ist der Neue Bund in meinem Blut, das für euch vergossen wird. Nehmt den Wein und verteilt ihn untereinander! Dieser Kelch ist der Neue Bund in meinem Blut. Tut dies, sooft ihr daraus trinkt, zu meinem Gedächtnis!

Was fällt auch den Nicht-Theologen auf? Genau: Johannes kennt diese ganze Geschichte nicht. Und ein Zweites: Lukas und Paulus sprechen nur die anwesende Gemeinde an und kennen damit dieses ganze Problem nicht. Das Dritte: Matthäus ist die Vorlage für das Messbuch. Warum? Die Begründung möchte ich gern mal kennenlernen. Und Markus hält sich aus allem raus. Nach ihm haben die Jünger bereits getrunken, als er die Worte über den Kelch spricht. Das finde ich wiederum interessant.

Überdies müsste – wenn es nach Matthäus geht – folgendes im Messbuch gestrichen werden: „neuen und ewigen“. Auch wenn das der Intention des Bundes Gottes mit den Menschen entspricht, wie auch Lukas und Paulus das noch einmal unterstreichen. Nun entspricht es auch der Intention von πολλῶν bei Matthäus und Markus, dass dieses „Viele“ für „Alle“ steht, die  Jesaja meint: “ Er wurde durchbohrt wegen unserer Verbrechen, wegen unserer Sünden zermalmt. Zu unserem Heil lag die Strafe auf ihm, durch seine Wunden sind wir geheilt. Wir hatten uns alle verirrt wie Schafe, jeder ging für sich seinen Weg. Doch der Herr lud auf ihn die Schuld von uns allen.“ (Jes 53,5.6)

Wer’s philosophisch mag, darf am Thema für meinen Geschmack auch ein bisschen vorbeischrammen bei JoBo: „Alle und viele„. Bei den Worten: „Die Vereinnahmung „aller“ in den Wandlungsworten widerspräche schlicht der Sachlage, nach der es Menschen gibt, die – aus für sie guten Gründen – nicht an den Tisch des Herrn treten, ohne dass sie grundsätzlich ausgeschlossen wären.“ und den weiteren Textzitaten aus dem Brief des Papstes, zeigt sich die ganze Verwirrung, die solch eine Diskussion über eine Marginalie auslösen kann. Natürlich bleiben “ ‚alle‘ und ‚viele‘ im Glauben verbunden“, wie JoBo schreibt.

Jesus ist das Heil der Welt. DER WELT. Das hat nichts mit Heilsautomatismus zu tun, wie der Predigtgärtner meint (Einsetzungsworte – Der Papst bittet die deutschen Bischöfe „dringendst“: Kümmert euch endlich um das „für viele“…!), auch wenn – wie er befürchtet – die Gefahr dazu besteht. Weiter schreibt er: „Doch längst herrscht inzwischen weitgehende Einigkeit unter Exegeten darüber, dass die Formulierung „für viele“ den tatsächlichen Worten Jesu entspricht.“ Nun ja, mit vielen Fragezeichen (siehe die Synopse oben).

Liebe Christenmenschen! Da spielt keine Disponierung zum Abendmahl eine Rolle. Da geht es eigentlich nicht einmal um den Empfang. Sondern es geht generell um das Opfer Christi und seine Bedeutung. Jesus ist für die Schöpfung des Vaters gestorben und auferstanden. FÜR ALLE und ALLES. Auch wenn er „pro nobis“ diese Tat vollbracht hat. Es geht hier nicht um irgendwelche Exklusivrechte der Christen. Gottes Sohn kam nicht auf die Welt, um „die Kirche zu erlösen, aus der Macht des Bösen“. Das ist eine Bitte, die GL 634 in der 6. Strophe an die Zukunft richtet.

Noch einmal zum Hochgebet: Wenn ich mir den „Römischen Messkanon“ anschaue, wird mir manches klarer: „Wir bringen sie dar vor allem für deine heilige katholische Kirche, in Gemeinschaft …“ Da wird von „Schar der Erwählten“ gesprochen. Das Heil für die ganze Welt spielt keine Rolle. Ganz anders das dritte Hochgebet: Dort wird es zumindest in eine Fürbitte gekleidet: „Barmherziger Gott, wir bitten dich: Dieses Opfer unserer Versöhnung bringe der ganzen Welt Frieden und Heil. Beschütze deine Kirche …“ Auch wenn hier von „uns“ und „der Welt“ die Rede ist, klingt der weitmachende Charakter der Erlösungstat Christi an. Wie lautet denn der Auftrag der Christenmenschen? „Geht hinaus in die ganze Welt, und verkündet das Evangelium allen Geschöpfen!“ (Mk 16,15) oder: „Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch.“ (Joh 20,21)

Ergänzung (7.5.2012): Ein interessanter Artikel bei Wikipedia, der sich mit der ganzen Problematik beschäftigt und meiner Meinung sogar auf dem neuesten Stand ist: Konsekration. Er arbeitet noch ein bisschen exakter als ich die Bedeutung der Transsubstantiationslehre heraus.

Und hier noch einmal der Knoten, den ich mit Matthäus als Urheber der Wandlungsworte habe: Wenn er wirklich der Apostel ist und sein Evangelium der Tradition nach ursprünglich hebräisch abgefasst hat, für gläubige Juden, dann ist es sinnlos, nach einer Logienquelle Q zu forschen, dann wäre Matthäus die Quelle. Nun haben wir aber keine hebräischen Originale, sondern nur griechische Übersetzungen und Abschriften, noch nicht einmal hebräische Abschriften. Außerdem hat Matthäus bekanntlich bei Markus abgeschrieben. Das würde die Quelle nicht brauchen.

Deshalb erachte ich es als marginal und „rubrizistisch“, nach dem genauen Wortlaut Jesu zu forschen und sehe die Intention als das Wichtigste an. Und da gehe ich eher mit denen konform, die meinen, es geht auf die Bedeutung aus: Jes 53 (siehe oben), als mich einer allzu konstruierten Auslegung des genauen Wortlautes Jesu hinzugeben. Außerdem verweise ich noch einmal auf den Sendungsauftag Jesu an seine Jünger.

Das berührt nicht die Einsetzung des Abendmahles durch Jesus und auch nicht die Realpräsens oder Transsubstantiation. Das ist unbestritten das, was Jesus meint: Er ist wirklich in Fleisch und Blut als wahre Opfergabe in Brot und Wein anwesend. Markus, Matthäus, Lukas und Paulus sind sich da völlig einig. Das ist das Mysterium des Glaubens. Darauf kann ich nur antworten: „Deinen Tod, o Herr, verkünden wir; deine Auferstehung preisen wir; deine Wiederkunft erwarten wir, bis du kommst in Herrlichkeit.“

Palmsonntagsprozession in Heiligenstadt

Auch dieses Jahr wird sie wieder stattfinden: die größte und deutschlandweit wohl einzige Leidensprozession am Palmsonntag. Tausende Gläubige aus nah und fern kommen zu diesem Ereignis nach Heiligenstadt im Eichsfeld. Nachdem sie am Vormittag schon in den Gottesdiensten des Einzuges Jesu in Jerusalem gedacht haben und im Wortgottesdienst die Leidensgeschichte (Passion) Jesu Christi gehört haben, gehen viele diesen traditionellen Weg mit. Etwa  5000 – 8000 Teilnehmer und ebenso viele Zuschauer am Straßenrand sind es jedes Jahr. Dadurch hat es schon fast einen demonstrativen Charakter.

Ursprünglich war diese Prozession für den Karfreitag gedacht. Seit 1734 wurde sie jedoch auf den Palmsonntag verlegt. Die Karwoche gibt den Ton an, der diese Prozession mit seinen Liedern prägt. Die Darstellung der Passion Christi in einer Bilderfolge war in den Hochstiften Mainz, Würzburg und Bamberg sehr verbreitet. Die Jesuiten, die ja auch für die Rekatholisierung des Eichsfeldes zuständig sind, gelten als Urheber dieses Brauchtums und der besonderen Passionsfrömmigkeit.

Die Bilderprozessionen am Karfreitag waren eine Mischform zwischen dramatischer Darstellung des Leidens Christi auf der Bühne, wie sie das Spätmittelalter kannte und dem prozessionsweisen Nachvollzug des Leidens Christi, während dessen sich einzelne Teilnehmer öffentlich geißelten oder in der Nachfolge ihres Herrn Jesus Christus schwere Kreuze schleppten. Diese Tradition ist ja in Lateinamerika u.a. katholischen Ländern auch noch verbreitet.

Während jedoch die mittelalterlichen Passionsspiele unabhängig vom Ablauf des Kirchenjahres stattfanden und kaum liturgischen Charakter hatten, lässt sich die Prozession direkt zum liturgischen Gedächtnis an den Tod des Herrn zuordnen. Auch zu DDR-Zeiten war die Palmsonntagsprozession genau das, was auch die Jesuiten anstrebten: eine immer noch lebendige Form des Glaubensbekenntnisses, die sich mit Traditionen des Mittelalters verbunden und sich dennoch in der Neuzeit bis heute bewährt hat.

Die älteste Erwähnung des Umzuges ist 1581. Das Besondere sind die überlebensgroßen Figuren, die auf Tragegestellen bzw. mit Stangen (Kreuz) von Trägern mitgeführt werden. Sie stellen Jesus in den einzelnen Stationen seines Leidens dar. Die Figuren stammen mit Ausnahme der „Schmerzhaften Mutter“ aus den mittelalterlichen Anfängen. Der Ablauf der Prozession entspricht ebenso dem traditionellen Ursprung.

Um 14.00 Uhr setzt sich der Prozessionszug von der Lindenallee aus über die obere Altstadt – Heimenstein – Klausgasse – Wilhelmstraße – Göttinger Straße in Bewegung. Er findet in der Lindenallee auf der Höhe des Pfarramtes von St. Marien in einer Andacht seinen Abschluß.

Hier eine kleine Impression, die auch die Schwierigkeit der Synchronisation des Gesangs dieses Zuges ein wenig verdeutlicht. Durch die Länge und die unterschiedlichen Tempi der 2 Blaskapellen und des Gesangs der Leute kommt es zu Verschiebungen bis hin zu einer Strophenlänge.