Achse des Bösen

Ein Herz und eine Seele?

Weltfremd äußert sich der Moskauer Patriarch Kyrill I. in seiner letzten Sonntagspredigt und bezeichnet die Streitkräfte der Ukraine als „Kräfte des Bösen“. Er stellt sich damit 100% hinter den Despoten und Kriegsverbrecher Putin. Sie treffen sich regelmäßig, wahrscheinlich schon als beide aktive Offiziere des KGB waren. Ja, der Patriarch Kyrill war aktiver Offizier des KGB wie auch wahrscheinlich die Mehrheit im Moskauer Patriarchat. Im Vergleich dazu: Kein hoher Würdenträger der Röm.-Katholischen Kirche zur Zeit der DDR war jemals Mitglied der Stasi. Nicht dass die DDR-Spitzel es nicht versucht hätten die Kirche zu unterwandern.

„Wir müssen alles tun, um den Frieden zwischen unseren Völkern zu bewahren und gleichzeitig unsere gemeinsame historische Heimat vor all den Aktionen von außen zu schützen, die diese Einheit zerstören können“, betonte Patriarch Kirill. Er warnte die Gläubigen vor „dunklen Kräfte von außen“, die sich über Russland „lustig machen“ könnten. Blinder Führer einer geblendeten Kirchenführung. Der Krieg ist längst da!!!

Wer macht sich hier über wen lustig. Ist es nicht dieser Blender Puntin, der die Welt schon lange belügt und sich über die Demokratie lustig macht. Derweil forderte Papst Franziskus beim Angelus-Gebet auf dem Petersplatz in Rom ein Ende der Kämpfe: „Lasst die Waffen schweigen“, sagte er am Sonntag. „Gott ist mit denen, die den Frieden suchen, nicht mit denen, die zur Gewalt greifen.“

Wie auch die Päpste im Hochmittelalter ist der Patriarch völlig abhängig von seinem Landesherren, von dem er sich Schutz aber auch kirchliche Einheit verspricht. Es ist aber nicht ganz vergleichbar mit der Kirche in England, dessen Oberhaupt eigentlich die Queen ist.

Gedanken zum 1. Advent

Wieder ist sie gekommen die Stille oder auch Stade Zeit. Das Internet ist voll von Besinnungsangeboten. Wegen Corona haben viele Gemeinden ihre Aktivitäten auf dieses neue Medium verlegt. Und es lohnt sich wirklich da auch über den eigenen Kirchturm hinaus zu schauen, vielleicht sogar weiter als den Kirchenrand.

Die Kirche von England bietet jetzt im Lockdown erstaunlich viele Livestreams ihrer Choral Evensongs an. Eine Tradition, die in der Römisch Katholischen Kirche in die Klöster eingewandert ist, aber eigentlich nicht nur ein monastisches Gebet sondern Gemeindegebet ist.

Die Priester einer Gemeinde verrichten im Stillen das Stundengebet stellvertretend für die ganze Gemeinde. Hier und da gibt es Versuche die Gemeinde zumindest an Sonn- oder Festtagen daran teilhaben zu lassen, in Form von feierlich gestalteten Vespern. Vor allem in der High Church der Anglikanischen Kirchen in England wird dieses Stundengebet (noch) gepflegt in Form von Morning oder Evening Prayers. Aber auch dort wie hier ist die Teilnehmerzahl stark rückläufig.

Der Choral Evensong ist besonders gestaltet von z.T. professionellen Chören, Sängern, Orgel und anderen Instrumenten. In der Adventszeit werden dabei auch im Dunkeln mit brennenden Kerzen (ähnlich den Roratemessen) in den Kathedralen Adventsprozessionen u.ä. abgehalten.

Weihnachten orthodox

https://koptisch.files.wordpress.com/2012/01/0-a-krippe.jpgWarum feiert die Orthodoxie erst im neuen Jahr Weihnachten? Das hat nichts mit der vermeintlichen Ankunft der Magier aus dem Osten zu tun, die vor allem in der deutschen Kirche zu Königen stilisiert worden sind, weil sie allesamt königliche Gaben dem Kind darbringen: Gold, Weihrauch und Myrrhe. Aus der Dreizahl der Gaben leitet sich im übrigen auch die Anzahl der Sterndeuter ab, die bei Matthäus (2,1-12) nicht näher quantifiziert werden.

Papst Gregor XIII. führte 1582 eine notwendige Kalenderreform ein, die aber erst nur von der römisch-katholischen Kirche und später von den protestantischen Kirchen implementiert wurde. Auch in den orthodoxen Kirchen, die den Gregorianischen Kalender übernommen haben, wird Weihnachten am 25. Dezember gefeiert. Dies sind die orthodoxen Kirchen von Konstantinopel/Ökumenisches Patriarchat, Alexandrien, Antiochien, Rumänien, Bulgarien, Zypern, Griechenland (mit Ausnahme der Republik Athosklöster), Albanien, Finnland und die syrisch-orthodoxe Kirche. Andere orthodoxe Kirchen halten bis heute am Julianischen Kalender fest: die russische, weißrussische, ukrainische, serbische, mazedonische, georgische und jerusalemitische Kirche, sowie die Klöster auf dem Berge Athos u.a. Sie begehen alle festliegenden Feiertage (wie zum Beispiel Weihnachten) im Zeitraum der Jahre 1900 bis 2100 jeweils 13 Tage später als die westlichen Kirchen und die orthodoxen Neukalendarier.

Dennoch steht bei der Verkündigung die Theophanie, heute: Epiphanie im Vordergrund, weshalb auch das Weihnachtsevangelium vom Tag in den orthodoxen Kirchen den Besuch der Sterndeuter in den Vordergrund rückt und somit das Erscheinen Christi in der Welt und seinen Herrschaftsanspruch.

Mein Lieblingslied im alten Gesang- und Gebetsbuch „Gotteslob“

Aus dem einige Monate andauernden Bloggerschlaf erwacht, melde ich mich zurück und stolper sogleich wieder in Bachmichels Haus. Das habe ich ja immer gern gemacht, nur eben nicht in der letzten Zeit. Dort finde ich eine schöne Aktion, nämlich eine „Blogparade: Lieblingslied im alten Gotteslob/Gesangbuch„. In der Vergangenheit habe ich ja schon oft einige Gottesloblieder besprochen. Welches aber ist mein Favorit? Als Paul-Gerhardt-Fan muss ich eindeutig bekennen, dass es zwei Lieblingslieder sind: „O Haupt voll Blut und Wunden“ und „Ich steh an deiner Krippen hier“. Auf letzteres möchte ich in der Adventszeit noch ein wenig in betrachtender Weise näher eingehen. Hier aber schon mal der Text:

1. Ich steh an deiner Krippen hier,
o Jesu, du mein Leben;
ich komme, bring und schenke dir,
was du mir hast gegeben.
Nimm hin, es ist mein Geist und Sinn,
Herz, Seel und Mut, nimm alles hin
und laß dir’s wohlgefallen.

2. Da ich noch nicht geboren war,
da bist du mir geboren
und hast mich dir zu eigen gar,
eh ich dich kannt, erkoren.
Eh ich durch deine Hand gemacht,
da hast du schon bei dir bedacht,
wie du mein wolltest werden.

3. Ich lag in tiefster Todesnacht,
du warest meine Sonne,
die Sonne, die mir zugebracht
Licht, Leben, Freud und Wonne.
O Sonne, die das werte Licht
des Glaubens in mir zugericht‘,
wie schön sind deine Strahlen!

4. Ich sehe dich mit Freuden an
und kann mich nicht satt sehen;
und weil ich nun nichts weiter kann,
bleib ich anbetend stehen.
O daß mein Sinn ein Abgrund wär
und meine Seel ein weites Meer,
daß ich dich möchte fassen!

Im Original hat das Lied 15 Strophen. Das Gotteslob beschränkt sich auf die 1.,3.,4. und 5. Strophe. Auch das Evangelische Gesangbuch von 1993 verwendet den behutsam revidierten Text. Es ist für mich auch mit der traditionellen Melodie unter der Nummer GL 141 eines der schönsten Weihnachtslieder. Staunend vor dem Wunder der Menschwerdung Gottes stehe ich an der Krippe, die der Heilige Franziskus für uns gebastelt hat. Am liebsten ist mir aber die Fassung von J.S. Bach, die der „Erfurter Bistumsanhang zum Gotteslob“ unter der Nummer 910 wiedergibt. Das ist wohl dem geschuldet, weil ich das Weihnachtsoratorium von Bach schon einige Male mitsingen durfte. Die Erfurter Ausgabe umfasst noch zusätzlich die Strophen 7 und 14 des Originals als 5. und 6. Strophe.

5. Wann oft mein Herz im Leibe weint
und keinen Trost kann finden,
rufst du mir zu: „Ich bin dein Freund,
ein Tilger deiner Sünden.
Was trauerst du, o Bruder mein?
Du sollst ja guter Dinge sein,
ich zahle deine Schulden.“

6. Eins aber, hoff ich, wirst du mir,
mein Heiland, nicht versagen:
daß ich dich möge für und für
in, bei und an mir tragen.
So laß mich doch dein Kripplein sein;
komm, komm und lege bei mir ein
dich und all deine Freuden.

Das Herz geht mir über …

… wenn ich daran denke: wie ich zum Haus Gottes zog in festlicher Schar, mit Jubel und Dank in feiernder Menge (Ps 42,5). Nein, ich meine nicht jene, die sich als große Schar darstellen und die Frommen sein wollen. Es sind die Vielen, die nach der Firmung einen anderen Weg gehen, die – wenn sie in der Kirche bleiben – eher nur noch zu den Hochfesten in die Kirche kommen und dann stumm bleiben, weil sie gar keine Lieder mehr kennen. Aber wer weiß schon, was in deren Herzen passiert, wer ist dieser Pharisäer, der sich erdreistet auf die Leute hinten in der Kirche zu schauen. Ich habe soeben einen der Artikel gelesen, von einem jener welchen geschrieben, zu dem Jesus sagen würde: Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass ein Frommer (resp. Reicher) in den Himmel kommt.

Frischer Wind, der den Artikel: „Bitte eines Jugendlichen an alle in der christlichen Jugendarbeit Engagierten…“ veröffentlicht hat, enthält sich jeglichen Kommentars, und der von Gertie ist auch nur ein kurzsichtiges Jammern und Verdammen all jener, die versuchen wirklich frischen Wind in die Kirche zu bekommen. Einen zaghaften Kommentar wagt die freche, fromme Frau auch mit der wichtigen Würdigung der Arbeit von Jugendverbänden (über den BdKJ kann man sich streiten). Nun ja, über die westdeutsche katholische Kirche und den Hang zum Buddhismus sollte man ein andermal nachdenken. Ich für meinen Teil kann mich an meine Jugendzeit erinnern, die geprägt war von Jugendgottesdienst, Jugendband und -chor, Jugendhaus, eigene Jugendlieder aus den Dreifaltigkeitsheften und Taizé, mit Ökumensichen Jugendkreuzweg etc. Die ewige Diskussion: Neues Geistliches Liedgut oder Gotteslob war bei uns ein Sowohl – Als-auch. Auf Deutsch – na klar, was sonst. Latein war in den Taizé-Gesängen etabliert und in den Chorgesängen zu den Hochfesten.

Doch jetzt mal Butter bei die Fische: Der Jugendliche von Jagwitz meint:

1. „Singt mit uns bitte keine Lieder mit inhaltsleeren Texten … „

Ja wie denn? Welche Lieder sollen wir singen? Herz Jesu, Gottes Opferbrand? Der Text ist so verdreht, dass man in den ersten beiden Strophen als normaler Mensch nur Bahnhof versteht: „O Herz, in Nacht zu uns gesandt, als Schuld den Tod uns brachte …“ Hä, wie jetzt … welchen Tod und warum? Am schlimmsten sind im Gotteslob die Lieder, die unmittelbar nach dem 2. Weltkrieg hinzugekommen sind: u.a. auch GL 568. Reinste Schwarz-Weiß-Malerei. Düster bis schwarz das Erdenleben – Glorreich das Leben im Jenseits, das eine negieren, die Herrschaft Gottes im Himmel lobpreisen – die ewige Taktik der Traditionalisten. Möglichst mit Choralamt.

„Unser Herz wird geöffnet, wenn wir gemeinsam Gott mit Liedern preisen, die unsere Sehnsucht nach Wahrheit, nach wahrer Liebe und Freude, nach innerem Frieden und Heilung zum Ausdruck bringen.“ q.e.d.

2. „Erzählt uns doch nicht, dass unser Leben völlig in Ordnung sei, denn das kann die Welt besser! Betet mit uns stattdessen das Schuldbekenntnis, denn wir sehnen uns nach Vergebung.“

Genau auf derselben Schiene fährt der Verfasser weiter. Vergebung ist notwendig, aber nicht das Alleinige und Vordergründige im Glauben. „Wenn ich in den Sprachen der Menschen und Engel redete, hätte aber die Liebe nicht, wäre ich dröhnendes Erz oder eine lärmende Pauke“ (1 Kor 13,1). Das Sakrament der Versöhnung möchte ich allen Jugendlichen und Erwachsenen ans Herz legen. Das Schuldbekenntnis reicht dafür aber nicht aus. Sog. Bußgottesdienste (ohne Beichte) sind auch kein hinreichendes Kriterium, um von schwerer Sündenschuld befreit zu werden.

In diesem Abschnitt gewinne ich aber auch den Eindruck, dass ich für kollektive Schuld unserer heutigen Zeit büßen müsste. Das ist nicht christlich, obgleich es unseren jüdischen Wurzeln entspricht: … unserer Väter-Väter-Väter …

3. „Ersetzt nicht das Wort Gottes durch Theaterstücke oder irgendwelche Weisheitsgeschichten …“

Tja, was soll ich sagen. Das geht mir auch immer auf die Nerven. Nach dem II. Vatikanum kam das bei vielen Priestern in Mode. Hoffsümmer hat nicht umsonst so viele Bücher geschrieben. Aber die Postmoderne ist da viel nüchterner. Wenn ich mir Jesus so anschaue, dann hat er viel Weisheit in einfache Lebensgeschichten gepackt und den Leuten veranschaulicht in Gleichnissen: vom barmherzigen Samariter, vom Sämann, vom verlorenen Schaf, von der wiedergefundenen Drachme, vom Licht auf dem Leuchter usw. usf.

Dann blende ich mal ins Mittelalter. Die Leute wollten Brot und Spiele, wie man es in anderer Form im Römischen Reich kannte. Und die Spiele wurden wichtiger als die Messe, die die Leute eh nicht mehr verstanden, denn Latein war schon lange nicht mehr ihre Muttersprache (Hokuspokus): Osterspiele, Weihnachtsspiele, St. Martin, Nikolaus, Passionsspiele und vielerlei Heiligenlegenden, die im Volk durch Theaterstücke oder Geschichtenerzählen verbreitet wurden. Ist ja auch logisch, denn die meisten Leute waren Bauern, Sklaven und Leibeigene und konnten nicht lesen und schreiben. Und auch das aufstrebende Bürgertum liebte diese Spiele. Heute ist St. Martin nur noch für Kinder. Damals war es eines der wichtigen Daten im Leben der Menschen: Ende des Wirtschaftsjahres, Beginn der „staden Tied“. Einzig und allein die Passionspiele sind uns heute noch erhalten als etwas für Erwachsene und mancherorts vielleicht noch die Krippenspiele (aber bäh … das ist ja nur Kinderkram … wir gehen in die Christmette). Dabei habe ich die Beobachtung gemacht, dass in der Krippenandacht auch Erwachsene ohne Kinderanhang, auch im Seniorenalter, mit dabei sind.

4. „Lasst die Eucharistiefeier nicht zu einem gemeinsamen Tischmahl verkommen, denn das ist in jedem Restaurant besser.“

Der Verfasser hat recht. Keiner denkt mehr daran, ob er würdig ist, den Herrn zu empfangen. Alle rammeln sie zur Kommunion, weil es alle machen – Herdentrieb. Wenn der Nachbar sieht, dass ich nicht zur Kommunion gehe, könnte er ja denken, ich hätte etwas ausgefressen. Und dann kommt einer und sagt, ich solle seine Frau trösten, die nicht katholisch ist, und keinerlei Empfangsbereitschaft gezeigt hat, so dass ich ihr die Kommunion verweigerte … Verrückt. Es besteht zwar ein Anspruch auf den Empfang des Herrn, aber nur bei denjenigen,  die nach unserem Verständnis dazu bereit sind, also zumindest in der katholischen Kirche sind. Und diese Empfangsbereitschaft muss erkennbar sein: Mund- oder Handkommunion. Ob jemand würdig ist, muss jeder für sich selbst prüfen. Die orthodoxen Christen sind da wesentlich strenger, was allerdings dazu führt, dass viele Orthoxe nur selten in ihrem Leben die Kommunion empfangen. Das ist auch fragwürdig und gab es auch schon in der römisch-katholischen Kirche …

Das Bild mit dem Restaurant ist jedoch schlecht: Plätze im Restaurant sind begrenzt, Reservierung(spflicht), Exklusivität …

5. „Tut nicht so, als wäre der Weg des Glaubens wie ein heiterer Spaziergang, sondern helft uns, die Anfeindungen der Welt und des Teufels mit dem Kreuz Christi zu vereinen!“

Huh, da ist sie wieder die „Gnostische Versuchung“. Schwarz-weiß. Die böse Welt (a la Johannes) und das Siegeskreuz Christe, dass die (johannäische [gnostische]) Welt besiegt. Diese Vorstellung der Welt als Reich der Finsternis ist nicht christlich, auch wenn sie der Evangelist Johannes und der Apokalyptiker Johannes so verbreiten. Das Christentum hat die Vorstellungen der Gnosis zwar verworfen, aber viele Bilder (u.a. den Teufel als Fürst der Finsternis) übernommen und bis in die heutige Zeit transportiert und in vielerlei Weise transformiert oder unverändert belassen.

Wenn die Christen wirklich daran glauben würden, dass a) Gott diese Welt gut geschaffen hat und b) Jesus die Sünde der Welt hinweggenommen hat durch sein Heilsopfer am Kreuz und damit c) durch die Auferstehung Christi und die Sendung der Apostel mit Missionsauftrag das Reich Gottes wirklich in dieser Welt angebrochen ist, dann wird auch Christus wiederkommen, erst dann.

6. „Lockt uns nicht, indem ihr uns immer lobt und uns das Gefühl gebt, etwas Besonderes zu sein …“

Blanker Hohn, Pharisäertum. Ich habe die Schüler im Auge, die hier im Osten Deutschlands als vereinzelte Christen, ja als einziger Christ in der Klasse, als einzige christliche Familie in der gesamten Nachbarschaft ihren Glauben versuchen zu leben. Manche ziehen weg, weil der Atheismus hier so resistent und aggressiv ist. Da braucht man nicht unbedingt in die arabischen Länder zu schauen. Dort ist allerdings die Verfolgung der Christen am existenzbedrohendsten, ja sogar lebensbedrohlich, wie es nicht einmal zur Zeit der Christenverfolgung im alten Rom war. Und hört auf über Stolz und Demut nachzudenken. Diese Artefakte der pädagogischen Zeit, als in den Kirche die Bänke installiert wurden, um das Volk zu erziehen.

… Und das Resümee unseres jugendlichen Christen: „Eine ehrliche Kirche dagegen werden wir zwar für ihren Wahrheitsanspruch anklagen, für stur und zurückgeblieben halten, uns sträuben, die Wahrheit von ihr anzunehmen, mit ihr ringen, wie Jakob mit Gott. Aber am Ende werden wir nur durch die Kirche sagen können: ‚Ich habe Gott von Angesicht zu Angesicht gesehen‘ (Gen 32,31).“

Da hört man geradezu die geschwellte Brust, das wehende Haar, den Kopf in den Nacken geworfen und die Nase so hoch, dass es reinregnet, voll Wahrheit und Klarheit. Welche „Ehrlichkeit“ meint er aber wirklich? Jene, die Jean d’Arc auf den Scheiterhaufen der Inquisition gebracht und dann heiliggesprochen hat oder jene, die mit dieser Sturheit und dem zurückgebliebenen Weltbild Schluss macht, wie Franziskus, nackt umhergehend mit der Vision einer verfallenden Kirche, die Christus nicht mehr im Blick hat. Es geht nicht vordergründig um die Kirche! Es geht um Jesus Christus allein, in der Einheit mit dem Vater im Heiligen Geist. Und Jesus sagt auf die Frage der Pharisäer: „Wie kann euer Meister zusammen mit Zöllnern und Sündern essen?“ – „Nicht die Gesunden brauchen den Arzt, sondern die Kranken.“ (Mt 9,11.12)

Die gnostische Versuchung, diese Welt schwarz-weiß zu malen, steckt in uns allen. Sie ist das eigentliche Übel unserer Zeit, zusammen mit einem Synkretismus vor allem hinsichtlich buddhistischen Gedankenguts. Wird ein ostdeutscher Priester von einem österreichischen Kollegen gefragt: „Du glaubst doch nicht etwa an die Auferstehung? Ich glaube schon seit langem an die Wiedergeburt.“ Priester in Indien braucht man erst gar nicht zu fragen, das häuft nur schlechtes Karma auf. Also, wenn ich in diese Welt immer und immer wieder geboren werde sollte, na dann Gute Nacht …

Die Sache Jesu braucht Begeisterte. Sein Geist sucht sie auch unter uns. Er macht uns frei, damit wir einander befrei’n.

Getauft und dann?

Durch die Taufe werde ich mit Christus verbunden und mit seiner Kirche. Und aufgenommen in die Gemeinde vor Ort. Diese drei Dimensionen, nicht mehr und nicht weniger!

Mit Christus, ok. Aber mit dieser Kirche – da fangen bei vielen die Bauchschmerzen schon an. Und wenn ich mir erst mal meine Gemeinde anschaue … Als Christ möchte ich schon leben … Aber ich lehne die Kirche ab, vor allem als Institution. Das was der Papst sagt, geht ja schon gar nicht. Dann schaue ich mir den Rest von Gottes Bodenpersonal an. Alles das Gleiche. Korrupt und intrigant.

Ich kann doch auch als Christ leben ohne eine Gemeinde. Wenn ich mir so die Christen anschaue, die sich zum Gottesdienst versammeln, allesamt Schauspieler. Die wollen doch auch gar keine Gemeinschaft. Wie widerwillig manche einem die Hand reichen zum Friedensgruß. Das sagt doch alles. Und zur Kommunion – dem Gemeinschaftsmahl – geht jeder für sich alleine. Das ist doch Privatsache. Manch einer kommt doch eh nur zur Hl. Messe, weil ihm die Musik gefällt. Zu dem und dem geh‘ ich doch nicht in die Messe. Das was der predigt, gefällt mir nicht. Das Kulturchristentum läßt grüßen. Lug, Trug und Heuchelei.

Muss das so sein? Ja und Nein, denn die Kirche besteht aus Sündern, wie du und ich. Wer diese Spannung nicht aushalten kann, der kann sich einer Freikirche oder Sekte anschließen, die das entweder teilweise oder scheinbar vollständig ausblenden können.

Christ sein geht nicht ohne Gemeinschaft. Auch wenn viele, die in dieser Gemeinschaft stehen, doch lieber ihre eigene Suppe kochen. Dennoch heißt es: „Geh hin und sündige nicht mehr.“ (Joh 8,11) Es ist kein Freibrief, in der Kirche Jesu Christi zu sein, nach dem Motto: Ich zahle doch meine Kirchensteuer, also habe ich doch ein Anrecht, dass ich von der Kirche dies und das fordern kann.

Derjenige oder diejenige hat auch das 2. Vatikanum nicht verstanden. Die Kirche Gottes ist das Volk Gottes. Die Juden verstehen sich seither als eine verschworene Gemeinschaft, weil bei ihnen diese Vorstellung noch ganz konkret lebendig ist. In der Kirche Gottes ist dieser Gedanke mit der falschen Interpretation von der „Freiheit des Christenmenschen“ und der Inhalation des Grunddogmas der Neuzeit und Moderne untergegangen: Der Mensch ist ein Individuum und Freiheit ist sein höchstes Gut.

Und der gute neuzeitliche, moderne Mensch versteht nun einmal seine Freiheit als beschnitten, wenn ihm Kleriker irgendetwas vorschreiben, was ihm nicht passt. Da haben aber auch viele Kleriker noch nicht verstanden, was Dialog bedeutet: Teilhabe aller Getauften am Leib Christi. Nicht: Wir sind Papst! sondern: Wir sind Kirche, der Leib Jesu Christi! Paulus schreibt: „Ihr aber seid der Leib Christi und jeder Einzelne ist ein Glied an ihm.“ (1Kor 12,27) Da ist kein Platz für Kulturchristen und Leute, die von der Kirche etwas einfordern wollen. Da ist auch kein Platz für juridische Kleriker, Haupt- und Ehrenamtler in der Gemeinde und Kirche Jesu Christi.

Gemeinsam die Zukunft gestalten oder vereinzelt untergehen im Kampf der Kulturen (clash of civilizations)! Das MUSS das Motto für die christliche Zukunft sein. Wenn wir nicht in der Ökumene weiter vorankommen und weiterhin uns traditionalistisch-fundamentalistischer Träumereien hingeben, dann brauchen wir uns nicht zu wundern, wenn auf dem Kirchturm bald ein Halbmond prangt.

Ökumenische Friedensdekade 2012

Die Friedensdekade 2012 beginnt am St. Martinstag und endet am 21.11.2012, dem Buß- und Bettag. Das Motto lautet in diesem Jahr: „Mutig für Menschenwürde„.

Dabei wird der Finger in die Wunden gelegt: „Gier, Macht und Krieg“ (das Thema im letzten Jahr) sind keine christlichen Werte, obgleich es archaische Mechanismen sind, die wir Christen aufdecken sollten. Gegen diese Auswüchse der Unmenschlichkeit hat sich auch zu DDR-Zeiten der Konziliare Prozess „Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung“ ausgesprochen. Dazu gibt es außerhalb der Friedensdekade am 1.12.2012 eine Konferenz in Erfurt, Tagungsraum der Gedenk- und Bildungsstätte Andreasstraße Erfurt (Andreasstraße 37a).

Es soll auch Rückblick gehalten werden auf den Prozess in den 1980-er Jahren. Doch nicht nur die historische Sicht soll geschärft und der Konziliare Prozess kritisch gewürdigt werden, vielmehr wird auch der Frage nachgegangen: Was blieb? Wurde nach der Wende 1989/90 alles wieder vergessen? Wo lassen sich die Grundüberzeugungen der Versammlung heute noch finden? Und sind sie überhaupt noch aktuell?

Zurück zur Friedensdekade: Material findet sich hier. Die Termine für Thüringen kann man hier nachlesen. Das sind auch sicher nicht alle. Am besten einfach mal bei der Gemeinde vor Ort Infos holen.

Grundsätzliches zur Friedensdekade habe ich ja schon im letzten Jahr geschrieben: Schwerter zu Pflugscharen.

Jahr des Glaubens

In einer Zeit, in der der Glaube an den dreieinen Gott der Christen zu verdunsten scheint, ruft Papst Benedict XVI. ein Jahr des Glaubens aus. Alle Menschen sind aufgerufen, den Glauben neu zu entdecken und zu vertiefen. Neuevangelisation nennt man das wohl heute. Volksmission ist der antiquierte Begriff dazu; in katholischen Gebieten vielleicht noch unter der Kurzbezeichnung „Mission“ bekannt.

Das Jahr des Glaubens ist festgesetzt auf den Beginn am 11.10.2012 und soll am 24.11.2013 enden. Vor 50 Jahren begann der Frühling in der Kirche. Die Fenster des Glaubens wurden weit geöffnet. Mir drängt sich oftmals das Bild auf: Die kühlen Herbsttemperaturen haben viele veranlasst diese Fenster wieder zu schließen. Vielleicht wird in diesem Jahr mal wieder ordentlich durchgelüftet.

Wäre es vermessen, sich zu wünschen, dieses Jahr würde auf unbestimmte Zeit verlängert. Frischer Schwung und neue Energie: Jungen Wein füllt man nicht in alte Schläuche.

Katholische Blogs und mehr …

Die sogenannte Blogozese (oder auch Blogoezese) ist ein bunt zusammengewürfelter Haufen, größtententeils traditionalistisch angehauchter Blogs aus dem Umfeld und dem engeren Kreis der katholischen Kirche. Es stellt weder das Zentrum noch den Meanstraem der Kirche dar. Da irrt sich nämlich der Verfasser des kathpedia-Artikels, wenn er schreibt: “ Katholische Weblogs gehören zu den wichtigsten Angeboten der Kirche und ihrer Mitglieder im Rahmen des benutzergenerierten Internets („Web 2.0“)“.

Die Blogozese ist nach eigenen Angaben ein loses Netzwerk katholischer Weblogs, das im Wesentlichen zur Koordination von Online-Projekten sowie zur Kooperation der Weblogs untereinander genutzt wird. Die Beziehungen der Mitglieder erfolgt im Rahmen der Arbeit an den jeweiligen Beiträgen hauptsächlich durch Zitation und Verweis („Links“). Das widerspricht schon ganz selbstverständlich der Angebotstheorie, die Josef Bordat uns da unterbreiten will.

Aber er hat nicht ganz Unrecht, wenn er schreibt:

„Die Weblogs der Blogozese begleiten kritisch und kreativ die Entwicklung der katholischen Kirche sowie deren mediale und gesellschaftliche Rezeption. Vor allem in innerkirchlichen Debatten zur Ekklesiologie und Liturgik beziehen die Weblogs engagiert Stellung. Auch im Zusammenhang mit der zunehmend als „Missbrauch des Missbrauchs“ wahrgenommenen Medien-Kampagne gegen die Katholische Kirche im Frühjahr 2010 hat sich die Blogozese zu Wort gemeldet.

Als Produkte Einzelner sind die Weblogs der Blogozese oft subjektiv, gehen aber i. d. R. weit über das klassische Anliegen eines Weblogs, „öffentliches Tagebuch“ zu sein, hinaus und befördern die einschlägigen Debatten.“

Mein persönliches Interesse gilt jedoch immer dem Kontrapunkt. Auch wenn ich eher ambivalent angelegt bin, schätze ich einige fundamentalistische Akzente der Blogozese eben nicht: die Selbstbeweihräucherung durch Awards, die Ablehnung eines Dialogs in der Kirche und damit verbunden: anti-ökumenische Tendenzen, die Beförderung eines hemmenden traditionalistischen Gedankengutes und die damit einhergehende Negierung anderer Meinungen. Für mich entscheidend ist die Förderung einer Blogozese (Konglomerat katholischer Blogs), welche die Vielfalt katholischen Glaubens zum Ausdruck bringt. Und da gehe ich auch mit Alipius überein, wenn er schreibt:

„Es geht mir auch nicht darum, die Vielfalt in der Blogoezese zu verringern oder alle Blogger unter einen Hut zu bringen. Wiederum ist das Gegenteil richtig: Je vielfältiger, desto besser und desto größer die Chance, daß irgendwer irgendein Thema aus einem Winkel sieht, der anderen bisher verborgen war.“

(Präzisierung…)

Weiterhin denke ich, dass es nicht die Aufgabe der Blogozese ist, Mission im klassischen Sinne zu betreiben (Alipius: „… Leute erreichen …, die nicht zu unserem klassischen Kundenkreis gehören“). Das wirkt schon durch die Sichtung der Blogroll der Klosterneuburger Marginalien ein wenig eigenartig. Ferner sollte man sich auch dem Gedanken der Zählsorge statt Seelsorge entledigen. Ich kann nur sehr begrenzt eruieren, wer meinen Blog liest, und bin froh über jeden konstruktiven Kommentar. Auch kann ich leider nicht immer feststellen, was Veröffentlichungen auslösen, auch wenn ich zunehmend vorsichtiger bin.

Warum ich blogge? Siehe: Über mich. Dazu ist vielleicht nur hinzuzufügen: Der christliche Glaube katholischer Ausrichtung ist mein Leben. Den katholischen Glauben weiterzugeben ist meine Berufung und Amt. Und dies in der Form: Den Menschen Mut machen auch in einer glaubensfeindlichen Umgebung ihren Glauben im Alltag zu leben durch alle Widrigkeiten des Lebens oder trotz dieser. Die reale Gemeinde versammeln und miteinander das Wort Gottes hören, am Brotbrechen festhalten und das Leben feiern, das wir in Jesus Christus haben, um so als Erlöste in das verheißene Reich Gottes zu gelangen. Dazu alle Mittel nutzen, die ich pesönlich für brauchbar halte, eben auch die Bloggerei. Die ökumenischen Kontakte nicht vergessen, sich nicht mit der Spaltung des Christentums abfinden und keine Berührungsängste haben, sich regelmäßig zu begegnen und miteinander zu leben.

Der Papst in Westminster Abbey

Von Britten über Purcell zum Papst: Benedikt XVI. besuchte während seiner Apostolischen Reise nach Großbrittanien  (16.-19.9 2010) auch Westminster Abbey und nahm dort am 17. September an einem Evening Prayer (Vesper) teil. Nach dem Begrüßungszeremoniell durch Dekan Dr. John Hall und Erzbischof von Canterbury Dr. Rowan Williams feierte er in aller Bescheidenheit gemeinsam den Abendgottesdienst. Der Einzug wurde durch den Chor der Westminster Abbey gestaltet mit einem jener phantastischen Hymnen, die die Anglikanische Kirche sehr pflegen. Henry Purcell: „Christ is made the sure foundation“. Der Text stammt aus einem alten lateinischen Hymnus (7./8. Jahrhundert) und wurde ins Englische übersetzt von John Mason Neale.

Christ is made the sure foundation,
and the precious corner-stone,
who, the two walls underlying,
bound in each, binds both in one,
holy Sion’s help for ever,
and her confidence alone.

All that dedicated city,
dearly loved by God on high,
in exultant jubilation
pours perpetual melody,
God the One, in threefold glory,
singing everlastingly.

To this temple, where we call thee,
come, O Lord of hosts, today;
with thy wonted loving-kindness,
hear thy people as they pray;
and thy fullest benediction
shed within its walls for ay.

Here vouchsafe to all thy servants
gifts of grace by prayer to gain;
here to have and hold for ever,
those good things their prayers obtain,
and hereafter, in thy glory,
with thy blessèd ones to reign.

Laud and honour to the Father;
laud and honour to the Son,
laud and honour to the Spirit,
ever Three, and ever One,
One in love, and One in splendour,
while unending ages run. Amen.

GRUSSWORTE DES HEILIGEN VATERS AM SCHLUSS DES ABENDGEBETS

Liebe Freunde in Christus!

Ich danke dem Herrn für die Gelegenheit, Ihnen, den Vertretern der in Großbritannien ansässigen christlichen Konfessionen, in dieser großartigen, dem heiligen Petrus geweihten Abteikirche, zu begegnen. Ihre Architektur und Geschichte geben ein beredtes Zeugnis von unserem gemeinsamen Glaubenserbe. Hier werden wir wie von selbst daran erinnert, wie sehr der christliche Glaube die Einheit und die Kultur Europas und das Herz und den Geist des englischen Volkes geprägt hat. Hier wird uns zudem unausweichlich in Erinnerung gerufen, daß das, was wir in Christus miteinander teilen, größer ist, als das, was uns noch voneinander trennt.

Ich danke Seiner Gnaden dem Erzbischof von Canterbury für seine freundliche Begrüßung und dem Dekan und dem Kapitel dieser ehrwürdigen Abtei für die herzliche Aufnahme. Ich bin dem Herrn dankbar, daß er mir erlaubt, als Nachfolger des heiligen Petrus auf dem Bischofsstuhl von Rom diese Wallfahrt zum Grab des heiligen Eduard des Bekenners zu machen. König Eduard von England bleibt ein Modell christlichen Zeugnisses und ein Beispiel der wahren Größe, zu der der Herr seine Jünger aufruft, wie wir in den Schriftlesungen gerade gehört haben: die Größe der Demut und des Gehorsams, die auf Christi eigenem Beispiel gründen (vgl. Phil 2,6-8), die Größe der Treue, die nicht zögert, aus nicht endender Liebe zum göttlichen Meister und unverbrüchlicher Hoffnung auf seine Verheißungen das Geheimnis des Kreuzes auf sich zu nehmen (vgl. Mk 10,43-44).

Dieses Jahr begehen wir, wie allgemein bekannt, den hundersten Jahrestag der modernen ökumenischen Bewegung, an deren Anfang der Aufruf der Konferenz von Edinburgh zur christlichen Einheit als Vorbedingung für ein glaubwürdiges und überzeugendes Zeugnis für das Evangelium in unserer Zeit stand. Anläßlich dieses Jubiläums müssen wir Dank sagen für den bemerkenswerten Fortschritt auf dieses hohe Ziel hin, welcher durch den Einsatz engagierter Christen aller Konfessionen erreicht wurde. Zugleich sind wir uns jedoch bewußt, wieviel hier noch zu tun bleibt. In einer von zunehmender Wechselwirkung und Solidarität geprägten Welt sind wir herausgefordert, mit neuer Überzeugung unsere reale Versöhnung und Befreiung in Christus zu verkünden und die Wahrheit des Evangeliums als den Schlüssel zu einer authentischen und umfassenden menschlichen Entwicklung anzubieten. In einer Gesellschaft, die der christlichen Botschaft zunehmend gleichgültig oder sogar feindlich gegenübersteht, sind wir um so mehr in der Pflicht, freudig und überzeugend von der Hoffnung zu sprechen, die uns erfüllt (vgl. 1 Petr 3,15), und zu zeigen, daß der auferstandene Herr die Antwort auf die tiefsten Fragen und die geistigen Sehnsüchte der Menschen unserer Zeit ist.

Während der Prozession zum Altarraum zu Beginn dieses Gottesdienstes sang der Chor, daß Christus unser „sicheres Fundament“ ist. Er ist der Ewige Sohn Gottes, eines Wesens mit dem Vater, der – wie es im Glaubensbekenntnis heißt – „für uns Menschen und zu unserem Heil“ Fleisch angenommen hat. Er allein hat Worte ewigen Lebens. „In ihm hat“ – wie der Apostel lehrt – „alles Bestand. […] Denn Gott wollte mit seiner ganzen Fülle in ihm wohnen“ (Kol 1,17.19).

Unser Einsatz für die Einheit der Christen hat keinen geringeren Ursprung als unseren Glauben an Christus, an diesen Christus, der von den Toten auferstanden ist und zur Rechten des Vaters sitzt, der wiederkommen wird in Herrlichkeit, zu richten die Lebenden und die Toten. Die Realität der Person Christi, sein Erlösungswerk und vor allem die historische Tatsache seiner Auferstehung sind der Inhalt des apostolischen Kerygmas und der Glaubensbekenntnisse, die vom Neuen Testament selbst an seine vollständige Weitergabe garantiert haben. Die Einheit der Kirche kann, in einem Wort, nie etwas anderes sein als Einheit im apostolischen Glauben, in dem Glauben, der jedem neuen Glied am Leib Christi im Taufritus anvertraut wird. Dieser Glaube vereint uns mit dem Herrn, gibt uns Anteil am Heiligen Geist und macht uns auch jetzt zu Teilhabern am Leben der heiligen Dreifaltigkeit, dem Modell der koinonia der Kirche hier auf Erden.

Liebe Freunde, wir sind uns alle der Herausforderungen, der Gnadengeschenke, der Enttäuschungen und der Zeichen der Hoffnung bewußt, die unseren ökumenischen Weg kennzeichnen. Heute abend legen wir all das im Vertrauen auf seine Vorsehung und die Kraft seiner Gnade in Gottes Hände. Wir wissen, daß die unter uns geschlossenen Freundschaften, der begonnene Dialog und die uns leitende Hoffnung uns auf unserem weiteren gemeinsamen Weg Kraft und Orientierung spenden werden. Zugleich müssen wir mit einem im Evangelium begründeten Realismus die Herausforderungen anerkennen, die uns erwarten, nicht nur auf dem Weg zur Einheit der Christen, sondern auch bei unserer Aufgabe, Christus in unserer Zeit zu verkünden. Die Treue zum Wort Gottes – denn dieses ist ja das wahre Wort – verlangt von uns einen Gehorsam, der uns gemeinsam zu einem tieferen Verständnis des Willens des Herrn führt, einen Gehorsam, der frei sein muß von intellektuellem Konformismus und bequemer Anpassung an den Zeitgeist. Dieses Wort der Ermutigung möchte ich Ihnen heute abend mitgeben, und ich tue das getreu meines Amtes als Bischof von Rom und Nachfolger des heiligen Petrus, der den Auftrag hat, in besonderer Weise für die Einheit der Herde Christi zu sorgen.

In dieser altehrwürdigen Klosterkirche versammelt, können wir uns das Beispiel eines großen Engländers und Kirchenmannes ins Gedächtnis rufen, den wir gemeinsam verehren: den heiligen Beda Venerabilis. Beim Anbruch eines neuen Zeitalters im gesellschaftlichen und kirchlichen Leben verstand Beda sowohl die Bedeutung der Treue zum Wort Gottes, wie es in der apostolischen Tradition überliefert wurde, als auch die Notwendigkeit einer kreativen Offenheit für neue Entwicklungen und die Erfordernisse, das Evangelium in der jeweiligen Sprache und Kultur gut einzupflanzen.

Diese Nation und das Europa, zu deren Aufbau Beda und seine Zeitgenossen beigetragen haben, stehen wiederum an der Schwelle eines neuen Zeitalters. Das Beispiel des heiligen Beda sporne die Christen dieser Länder an, ihr gemeinsames Erbe wiederzuentdecken, zu festigen, was sie miteinander teilen, und sich weiter um ein Wachstum in ihrer Freundschaft zu bemühen. Der auferstandene Herr begleite unseren Einsatz, die Spaltungen der Vergangenheit zu überwinden und den gegenwärtigen Herausforderungen mit Hoffnung auf die Zukunft zu begegnen, die er in seiner Vorsehung für uns und unsere Welt bereithält. Amen.

(Quelle: Libreria Editrice Vaticana)

Sag immer vier – Seligsprechung der Lübecker Märtyrer

Bei einigen Protestanten soll ja die Seligsprechung am Samstag, den 25. Juni 2011, in Lübeck zu einigen Irritationen geführt haben. Evangelisch.de spricht gar von einer „verpassten Chance„. Wenn man am Samstag bei den Feierlichkeiten dabei gewesen ist, kann man die  Skepsis Bernd Buchners des Verfassers des Artikels nicht nachvollziehen.

Das Wesentliche an diesem Ereignis war nicht der formelle kirchenrechtliche Akt der Seligsprechung. Das ist ja nur die offizielle Genehmigung, die drei Kapläne im Gottesdienst um ihre Fürsprache anzurufen. Dennoch:  für die katholischen Gläubigen hier im Norden spielt das kaum eine Rolle. 8.000 Gläubige, die das interessierte. Wesentlich weniger als erwartet. Kaum eine umfassende Berichterstattung, keine Nachricht in der Tagesschau (im Gegensatz zur Seligsprechung Andritzki), keine vernünftige Liveübertragung (BibelTV – wer kann das schon empfangen?) Meiner Meinung hat das Erzbistum Hamburg Chancen verpasst, die Seligsprechung nicht nur populär sondern generell im Vorfeld der protestantischen und a-religiösen Bevölkerung im Norden erst einmal verständlich zu machen.

Das Wesentliche war der liturgische Höhepunkt des Gottesdienstes auf der Lübecker Parade: das Entzünden einer Kerze. Diese Kerze war bereits zeichenhaft gestaltet: Sie bestand aus vier Einzelkerzen, die zu einer einzigen großen Kerze zusammengeschweißt war. Jeder der vier Dochte wurde von Menschen entzündet, die mit den Wirkungsorten und der Wirkungsgeschichte der Geistlichen besonders verbunden waren. Ein scharfer Wind drohte die Flammen immer wieder zu löschen, nur gemeinsam gelang es, die Lichter zum Brennen zu bringen. Auch das ist ein gleichsam prophetisches Zeichen: Damals wie heute kann das Licht des Glaubens nur leuchten, wenn wir gemeinsam in ökumenischer Verbundenheit uns darum bemühen!

Das Andenken an die vier Lübecker Märtyrer hat eine lange ökumenische Tradition und wurde schon früh gemeinsam begangen. Allerdings war es lange Zeit nur ein kleiner Kreis, ursprünglich aus Weggefährten und Mitinhaftierten, der die Erinnerung an die Widerständler gegen das Naziregime wach hielt. Durch diese Feier, die zwar festlich, aber keineswegs pompös oder gar triumphalistisch gestaltet war, hat das Gedenken eine öffentliche und über die Hansestadt hinausreichende Bedeutung erlangt.

Gedenken – das ist nicht allein das bewundernde Verweilen in dem Lebens- und Glaubenzeugnis besonderer Menschen aus dem vergangenen Jahrhundert, es ist mehr: eine Selbstverpflichtung in der Nachfolge Christi, eine Verpflichtung zum mutigen Eintreten gegen Unmenschlichkeit und Ungerechtigkeit. Das machten auch alle deutlich, die in ihren Reden auf das Martyrium eingegangen sind.

In diesem Sinne wird der Tag einen dauerhaften Impuls für das ökumenische Miteinander der Christen im Norden Deutschlands geben. Das zeigen auch die zahlreichen, größtenteils durchaus positiven Kommentare auf diesen etwas merkwürdigen Artikel.